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Sommersession: Das sind die Themen
Aus Tagesschau vom 31.05.2021.
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Transparenz-Initiative Politikfinanzierung: So transparent ist die Welt

Während Bundesbern transparenter werden soll, berichten SRF-Korrespondenten über schwarze Kassen und schwarze Schafe.

Österreich: «B'soffene (und andere) G'schichten»

Korrespondent Peter Balzli: In keinem anderen Land der EU bekommen die politischen Parteien so viel Geld von der öffentlichen Hand wie in Österreich. Einschränkungen und Transparenzregeln für private Zahlungen an die Parteien gibt es kaum. Es gibt weder ein Verbot anonymer Parteispenden noch eine eigene Kontrollinstanz.

Parlament, Wien
Legende: «Das ist mir nicht erinnerlich!»: Gerade in Österreich ergaben Geld und Macht in der Vergangenheit allzu oft ein toxisches Gemisch. Die Involvierten trugen mehr oder weniger überzeugend zur Aufklärung bei. Keystone

Auf seiner Website schreibt der Rechnungshof: «Das vom Nationalrat beschlossene Parteiengesetz 2012 sollte umfassende Transparenz im Hinblick auf die Parteienfinanzierung schaffen. Diese Transparenz wurde jedoch in wesentlichen Bereichen nicht erreicht.» Hauptgrund: Der Rechnungshof kann keinen Einblick in das Rechnungswesen der Parteien nehmen.

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HC Strache tritt wegen «b'soffener G'schicht» in Ibiza zurück
Aus News-Clip vom 31.05.2021.
abspielen. Laufzeit 21 Sekunden.

Dass die bestehenden Regeln in der Vergangenheit schamlos umgangen wurden, legte spätestens der Skandal um das Ibiza-Video an den Tag. Dort erklärte der spätere FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache vor einer versteckten Kamera einer vermeintlichen russischen Oligarchentochter, dass die Parteispenden keinesfalls an seine Partei, sondern an (angeblich gemeinnützige) Vereine fliessen müssten.

Die Schweiz – die Hochburg der Heimlichkeiten?

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Die Situation in der Schweiz

Die Schweiz steht in der Kritik, weil sie als einziger Mitgliedstaat des Europarats über keine Vorschriften zur Offenlegung der Parteien- und Wahlfinanzierung auf nationaler Ebene verfügt.

Und: Nur vier Länder der 37 Mitgliedstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erlauben anonyme Spenden ohne Obergrenzen, darunter die Schweiz, Schweden, die Niederlande und Dänemark.

Die Transparenz-Initiative

Die Volksinitiative «Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung» wird an der Sommersession, die heute in Bern beginnt, erneut im Parlament diskutiert. Sie verlangt, dass…

  • Parteien ihre Bilanz, Erfolgsrechnung sowie die Herkunft aller Spenden von über 10'000 Franken pro Jahr und Person offenlegen müssen.
  • Personen und Komitees bei Kampagnen ihre Spenden über 10'000 Franken deklarieren, sofern sie insgesamt über 100'000 Franken einsetzen.
  • die Annahme anonymer Spenden grundsätzlich verboten wird.

Urheber der 2017 eingereichten Initiative sind SP, Grüne, BDP, EVP, Piratenpartei sowie Transparency International Schweiz. Gegner der Initiative sind SVP, CVP und FDP. Auch zehn Kantone haben sich dagegen ausgesprochen.

USA: Geld regiert die Welt?

Korrespondent Matthias Kündig: Schon 1895 sagte ein Senator ironisch: «In der US-Politik sind zwei Dinge wichtig: das Geld und an das zweite kann ich mich nicht erinnern.» Geld sammeln für den nächsten Wahlkampf gehört in der Tat zu den wichtigsten Beschäftigungen von US-Politikern. Zwar können Kandidierende staatliche Gelder für den Wahlkampf beantragen, diese sind aber mit strengen Auflagen verbunden. Deshalb stammt der grösste Teil aus Spenden von Privaten.

Kapitol in Washington
Legende: Das Kapitol in Washington – wo Macht und Geld zusammenfliessen: 2020 wurden im Wahlkampf insgesamt 18.8 Milliarden Dollar ausgegeben. Keystone

Bei direkten Zuwendungen für die Kandidatinnen und Kandidaten gibt es gesetzliche Obergrenzen und Deklarationspflichten. Zudem sind Unternehmen und Gewerkschaften davon ausgeschlossen. Keinen solchen Restriktionen unterliegen seit rund zehn Jahren jedoch die unabhängigen Aktions-Komitees, die sogenannten Super-PACs. Seither fliesst immer mehr Geld aus unbekannten Quellen in die US-Politik.

Deutschland: Fehltritte im Superwahljahr

Korrespondentin Bettina Ramseier: Parteien in Deutschland müssen jährlich über ihre Einnahmen berichten. Im Verhältnis dazu erhalten sie vom Staat zusätzliche Gelder. Zuletzt gab es insbesondere für die AfD mehrere Bussen wegen Spenden-Skandalen. Auch Bundestagsabgeordnete müssen sich an Transparenzregeln halten, diese wurden gerade verschärft. Neu müssen Nebeneinkünfte über 3000 Euro im Jahr gemeldet werden.

Reichstag in Berlin
Legende: Neben diversen Landtagswahlen wird dieses Jahr auch der Bundestag samt Kanzlerposten neu besetzt. Diverse Abgeordnete hatten jüngst mit unangenehmen Schlagzeilen zu kämpfen. Keystone

Abgeordnete der Union aus CDU/CSU haben mit Abstand die höchsten Nebeneinkünfte. Sie wehrten sich lange gegen mehr Transparenz und stimmten erst zu, nachdem diverse CDU- und CSU-Politiker wegen mutmasslicher Korruption in Millionenhöhe zurücktreten mussten. Aktuell steht die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock in der Kritik, weil sie Weihnachtsgeld, das sie von ihrer Partei erhalten hatte, verspätet offenlegte.

Grossbritannien: Wolken über Westminster

Korrespondent Patrik Wülser: In Grossbritannien erhalten die politischen Parteien keinerlei finanzielle Unterstützung vom Staat. Neben den Mitgliederbeiträgen sind deshalb Spenden aus der Wirtschaft und von Organisationen die wichtigste Einnahmequelle. Seit 2001 gibt es ein umfangreiches Regelwerk, welches die Transparenz der Parteienfinanzierung sicherstellen soll. Die Parteien sind verpflichtet, regelmässig einen Rechenschaftsbericht über ihre Finanzflüsse vorzulegen. Auf nationaler Ebene müssen Partei-Spenden ab einer Höhe von umgerechnet 6300 Franken, auf lokaler Ebene bereits ab 1300 Franken deklariert werden.

Britisches Parlament in London
Legende: Auch in Grossbritannien gibt es immer wieder Versuche, mittels Geld an Entscheidungsträger heranzukommen. Auch Parlamentarierinnen und Minister sind deshalb verpflichtet, Zuwendungen und Unterstützungen in einem Parlamentsregister aufzuführen. Keystone

Die Kontrolle der Rechenschaftsberichte wird von der «Electoral Commission» vorgenommen, die vom britischen Parlament eingesetzt wird. Die Einführung der Transparenzregeln war eine Folge von zahlreichen Skandalen und Bestechungsfällen. Bei allen grossen Parteien wurden zuvor Fälle aufgedeckt, bei denen Zuwendungen mit bestimmten politischen Entscheidungen, der Vergabe von Adelstiteln oder anderen Gefälligkeiten in Verbindung gebracht werden konnten.

Frankreich: Finanztransparenz in der Theorie

Korrespondent Daniel Voll: Theoretisch leben Frankreichs Parteien von Beiträgen von Mitgliedern und Amtsträgern. Spenden durch private Gönner oder Unternehmen sind dagegen verboten. Bei Wahlkämpfen können die Parteien ihre Ausgaben vom Staat rückerstatten lassen, wenn ihre Kandidatinnen und Kandidaten einen Stimmenanteil von mindestens fünf Prozent erreicht haben. Dies sagt das Gesetz – die Wirklichkeit sieht anders aus, wie eine ganze Reihe von Gerichtsverfahren der letzten Jahre zeigt.

Die Affäre «Bygmalion»: Der tief gefallene Sarkozy

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Die Affäre geht zurück ins Jahr 2012, auf den Wahlkampf des damaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Die offiziell zulässige Kostengrenze lag bei 22.5 Millionen Euro. Nach einer ersten Abrechnung hatte die Sarkozy-Kampagne diese Limite um 380'000 Euro überschritten. Der Ex-Präsident wurde dafür zu einem Jahr Gefängnis bedingt und einer Busse von 3750 Euro verurteilt.

Erst zwei Jahre nach der Wahl zeigte sich, dass Sarkozys Wahlkampf in Wirklichkeit rund 42.8 Millionen Euro gekostet hatte, beinahe doppelt so viel wie erlaubt, versteckt durch fingierte Rechnungen der Werbeagentur «Bygmalion». Um dieses Betrugssystem geht es im aktuellen Prozess vor dem Pariser Strafgericht.

Ein zweites Muster: Parteien finanzieren Angestellte über eine fiktive Beschäftigung als Mitarbeitende ihrer Vertreter im Europäischen Parlament. Gegen mehrere Parteien laufen derzeit Untersuchungen wegen solcher Scheinbeschäftigungen: Das «Rassemblement national» von Marine Le Pen, «La France Insoumise» von Jean-Luc Mélenchon sowie «MoDem» von François Bayrou.

Nationalversammlung in Paris
Legende: Die Nationalversammlung in Paris beherbergte schon einige Politiker und Politikerinnen, die in Skandale und Skandälchen verwickelt waren. Keystone

Tagesschau, 31.05.2021, 12:45 Uhr;

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