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Debatte um Basler Gleichstellungsgesetz im Grossen Rat
Aus Regionaljournal Basel Baselland vom 10.01.2024. Bild: Kanton Basel-Stadt: http://www.bs.ch/bilddatenbank
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Gleichstellung Basler Parlament verabschiedet umstrittenes Gleichstellungsgesetz

Der Basler Grosse Rat hat ein neues Gleichstellungsgesetz verabschiedet. Dieses war im Vorfeld umstritten. Frauenrechtlerinnen befürchten, mit dem neuen Gesetz gehe die Gleichstellung der Frau vergessen.

Worum geht es? Als erster Deutschschweizer Kanton will Basel-Stadt den gesetzlichen Gleichstellungsauftrag und das Diskriminierungsverbot ausweiten. Dies hat das Basler Parlament, der Grosse Rat, am Mittwoch mit grossem Mehr entschieden. Bisher hat sich der Gleichstellungsauftrag auf Frauen und Männer bezogen, neu soll dieser nun auch für lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intersexuelle (LGBTI) Menschen gelten. Das neue Gleichstellungsgesetz verbietet und sanktioniert auf der einen Seite die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer geschlechtlichen und neu auch sexuellen Identität. Darüber hinaus soll es den Rahmen setzen für einen Ausbau des Beratungsangebots für LGBTI-Menschen.

Weshalb gab es im Vorfeld Kritik? Frauenrechtlerinnen befürchten, mit dem neuen Gesetz gehe die Gleichstellung der Frau vergessen. Eine Gruppe um die ehemalige Nationalrätin Margrith von Felten (SP) betonte, im neuen Gesetz spiele die Sicht der Frauen überhaupt keine Rolle. Die Bedürfnisse queerer Personen seien durchaus gerechtfertigt, betont von Felten. Doch das sei keine Legitimation, dass man die strukturelle Ausgrenzung von Frauen völlig aus dem Blick verliere. Die Debatte um das neue Gesetz wurde im Vorfeld teils heftig geführt, worauf die vorberatende Kommission des Grossen Rats den Gesetzestext leicht anpasste.

Nicht nur Frau und Mann

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Was bedeutet queer?

Der Begriff «queer» wird unterschiedlich interpretiert. In Bezug auf den Diskurs zur Revision des Gleichstellungsgesetzes ist die Bezeichnung «queer» als Sammelbegriff zu verstehen für Menschen, die sich in ihrer sexuellen Orientierung und/oder ihrer Geschlechtsidentität von der Mehrheitsgesellschaft unterscheiden. Das können Lesben oder Schwule sein oder Trans-Menschen, die sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei Geburt zugewiesen wurde.

Trans-Menschen identifizieren sich entweder mit dem jeweils anderen Geschlecht oder ordnen sich keinem Geschlecht zu. Letztere bezeichnen sich auch als nicht binäre Menschen. Sie sind weder abschliessend Frau noch Mann oder verstehen ihre Geschlechtsidentität als fliessend. Seit etwa Mitte der 1990er-Jahre wird der Begriff zunehmend als Selbstbezeichnung verwendet. Er ist nicht abschliessend definiert und verändert sich.

Was soll LGBTQIA+ ausdrücken?

Der sperrige Begriff ist eine Aufzählung von Identitäten rund um sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität. Während die Abkürzung LSB für Lesben, Schwule (Gay) und Bisexuelle lange eine abschliessende Community verkörperte, wurde die Zeichenkette mit der Transidentität um das T erweitert. I steht für intergeschlechtliche Menschen, deren biologische Merkmale nicht eindeutig weiblich oder männlich sind. A steht für asexuelle und/oder aromantische Personen, also Menschen, die entweder keine sexuelle Orientierung empfinden oder aber Sexualität losgelöst von romantischem Empfinden leben wollen.

Die Sammlung der Identitäten ist nicht abschliessend, was durch + am Ende symbolisiert wird. Das Scheitern an der Vollständigkeit führte dazu, dass sich «queer» als Sammelbegriff etablierte.

Wie verlief die Debatte? «Es handelt sich um einen besonderen Moment, im Parlament dieses Gesetz beraten zu dürfen», sagte die zuständige Kommissionspräsidentin Barbara Heer (SP) zum Auftakt der Debatte. Es komme leider immer noch zu Diskriminierung von LGBTQ-Menschen. Deshalb sei dieses Gesetz auch nötig. Dies sah eine Mehrheit des Parlaments gleich.

Fleur Weibel (GAB) betonte, das Gesetz würde keine Verliererinnen hinterlassen. Alle profitierten davon, auch Mann und Frau. «Es ist ein grosser Schritt, weil es eben nicht nur um Frauen und Männer geht», sagte Michela Seggiani (SP) und Johannes Sieber (GLP), der im Namen der queeren Gemeinschaft redete, hielt fest: «Dies ist ein Meilenstein für unsere Gleichstellung.»

SP, das Grün-Alternative Bündnis GAB, GLP und FDP stimmten geschlossen für die Gesetzesänderung.

Saal Grosser Rat
Legende: Der Basler Grosse Rat votierte für Gleichstellung für alle – auch solche, die sich nicht als Mann oder Frau fühlen. Kanton Basel-Stadt: http://www.bs.ch/bilddatenbank

Und was sagten die Gegnerinnen und Gegner? In der Debatte gab es nicht nur Kritik aus Sicht der Feministinnen, sondern ganz generell: «Die Vorlage widerspricht der Kantons- und Bundesverfassung», sagte Daniel Albietz (Mitte) und ergänzte: «Laut Verfassung gibt es keine anderen Geschlechter ausser Mann und Frau. Weshalb solle Basel-Stadt nun das Rad neu erfinden?» Es brauche deshalb kein neues Gesetz.

«Das Gesetz will die Stütze unserer Gesellschaft, die Familie, auflösen», monierte Beat Schaller (SVP) und sprach von «Genderschwachsinn», der hier betrieben werde. Gegen das Gesetz stellten sich neben der SVP Teile der LDP und Mitte.

Am Ende sprach sich jedoch eine klare Mehrheit von 69 gegen 15 Stimmen bei 2 Enthaltungen für das neue Gesetz aus.

Wie geht es jetzt weiter? Noch ist offen, ob Gegnerinnen und Gegner das Referendum gegen den Beschluss des Parlaments ergreifen. Falls dies geschieht, dürfte die Stimmbevölkerung über das neue Gleichstellungsgesetz entscheiden. Möglich ist auch, dass andere Kantone nachziehen und eine ähnliche Gesetzesanpassung vornehmen.

Regionaljournal Basel, 10.01.2024, 17:30 Uhr;

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