Am 24. Oktober 1929, dem sogenannten «Schwarzen Donnerstag», crashte die Börse und zog die Weltwirtschaft in eine tiefe Krise. Auch Hollywood war betroffen: Die teuren Prestige-Produktionen der 1920er-Jahre entwickelten sich zu existenzbedrohenden Verlustgeschäften.
Carl Laemmle, einflussreicher Gründer und Lenker der Universal-Studios und sein Sohn Laemmle jr. reagierten schnell. Hatten sie eben noch mit der Ressourcenschleuder «Im Westen nichts Neues»(1929) einen grossen Publikums- und Kritikererfolg gelandet, kehrten sie nun zur alten Universal-Strategie zurück, die da hiess: Produktionskosten niedrig halten.
Zaubern zum Billigtarif
Mit Horror entschied man sich für eine dialogarme, actiongetriebene Gattung, auf die sich der von Laemmle jr. damals geprägte und auch heute noch gebräuchliche Begriff vom «Formula Movie» erfolgsversprechend anwenden liess.
Mit Bram Stokers «Dracula» bediente man sich im populären Literaturgenre des British Gothic Horrors und konnte so auf längst eingeführte Figuren wie jene des Vampirfürsten zurückgreifen. Zur Vorlage existierte zudem eine erfolgreiche Bühnenfassung. Was hiess, dass man sich die aufwändige Herstellung einer dramatisierten Fassung sparen konnte.
Dazu verfügte Universal im Studio über brillante Kameraleute, Ausstatter und Make-Up-Artisten, die zum Nulltarif zu zaubern wussten. Nicht wenige dieser Spezialisten waren Exilanten aus Deutschland, die stark vom düsteren expressionistischen Kino ihrer Heimat geprägt waren. Originelle Techniker also, wie geschaffen für den Horrorfilm.
Zweite Wahl, erste Sahne
Als erstes ging 1931 «Dracula» in Produktion. Für die Regie hatte man mit Tod Browning einen Horror-erfahrenen Regisseur von MGM ausgeliehen. Für die Rolle Draculas war Bela Lugosi ursprünglich nur zweite Wahl gewesen.
Dann aber erwies sich der Einsatz des Exil-Ungarn als Glücksfall. Erstens war er unbekannt und billig. Und zweitens verlieh er der Figur jene aristokratisch-fremdländische Note, die seiner Erscheinung das entscheidend Unheimliche gab.
Nach dem überragenden Erfolg von «Dracula» strickten die Laemmles im selben Jahr den Folgefilm nach derselben Formel. «Frankenstein» basierte auf der Theaterfassung von Mary Shelleys gleichnamigem Roman, wiederum einem Klassiker des British Gothic Horrors.
Drei Filme für die Ewigkeit
Hier wurde dann allerdings nicht der namengebende Frankenstein zur Ikone, sondern das unglückliche Monster, welches der verrückte Wissenschaftler aus Leichenteilen zusammenbaut und zu Leben erweckt. Mit dem Briten James Whale verfügten die Laemmles erneut über eine versierte Billigkraft auf dem Regiestuhl; mit dessen Landsmann Boris Karloff (bürgerlich: William Henry Pratt) über einen Hollywood-Neuling in der Rolle des Monsters, der für seine epochale Inkarnation gerade mal den Mindestansatz kassierte.
Nimmt man nun noch «Die Mumie» von 1932 dazu – in dem Karloff wiederum vom Make-Up-Genie Jack P. Pierce denkwürdig hergerichtet wurde – hat man jenes dunkelromantische Triple beisammen, das, in Variationen endlos weiterverwertet, das Horror-Genre, seinen Look, seine Figuren, seine Dramaturgie von den 1930-Jahren an auf Jahrzehnte hinaus bestimmte. Fürs Geschäft war es eine Goldgrube. Und für die Kunst eine bis heute sprudelnde Inspirationsquelle.