Fein ziseliert und elegant überblickt das Wahrzeichen Londons, der Elizabeth Tower mit der Big-Ben-Glocke, die Themse. Die Welt scheint in Ordnung zu sein, solange hier die Zeit gemessen und verkündet wird.
Renovation für drei Milliarden Pfund?
Alle paar Jahre werden Bilder von Männern veröffentlicht, die sich vor dem Zifferblatt abseilen, um die Taubenexkremente wegzuklauben. Diese Sorgfalt beim Unterhalt des verehrten Baudenkmals wirkt beruhigend. Doch der Schein trügt.
Der Palast von Westminster ist derart baufällig, dass drastische Remeduren unvermeidlich sind, wie John Bercow, der Speaker des Unterhauses diese Woche warnte. Elfhundert Räume, hundert Treppenhäuser und kilometerlange Korridore wollen saniert werden. Es tropft durch die Dächer, das Mauerwerk bröckelt und die Ratten pflanzen sich ungehindert fort. Drei Milliarden Pfund (4,4 Milliarden Franken), so schätzt der Speaker, seien für die Renovation nötig.
Es klingt nach Verdruss
Dabei ist der Gebäudekomplex gar nicht so alt. In den Jahrzehnten nach dem grossen Feuer von 1834 wurde der Palast in neugotischem Stil wieder aufgebaut und im Innern von Augustus Pugin als Gesamtkunstwerk ausgestaltet. Das Unterhaus selbst ist noch wesentlich jünger: es musste nach einem deutschen Bombenangriff 1941 neu gebaut werden. Seither allerdings blieb die Bauhütte tatenlos.
Westminster ist zum Synomym für abgehobene, weltfremde Politiker geworden, die nur mit ihresgleichen verkehren. Und dieses Goldfischglas soll nun drei Milliarden Pfund verschlingen? Das klingt nach Verdruss. Soll das Parlament gar auf der grünen Wiese im Norden Englands neu errichtet werden? Doch das Wahrzeichen müsste ja ohnehin renoviert und einem neuen Zweck zugeführt werden.
Sicher ist nur eines: die gegenwärtigen Unterhaltsmethoden mit Klebstreifen und Bindfaden haben ausgedient, wenn der ganze Palast, der formal das Eigentum der Königin bleibt, nicht eines schönen Tages in die Themse rutschen soll.