Journalisten lieben überraschende, pointiert formulierte Zitate. Auf dem Rückflug von seinem Besuch auf den Philippinen hat Papst Franziskus just so eines von sich gegeben: «Manche Menschen glauben – entschuldigen Sie den Ausdruck –, dass sich gute Katholiken wie Karnickel vermehren müssen».
Innerhalb von Stunden war der Satz in den Schlagzeilen auf der ganzen Welt zu finden. Der Papst sagte dies im Zusammenhang mit dem massiven Bevölkerungswachstum auf den Philippinen – einer der Gründe für die grosse Armut im Land. Drei Kinder pro Ehepaar seien ideal, fügte das katholische Kirchenoberhaupt an.
Äusserungen des Papstes «eine Zumutung»
Betritt die katholische Kirche bei der Empfängnisverhütung Neuland? Bis anhin wurde sie nicht müde, den Gebrauch von Kondomen und Pille zu verbieten – die meistverbreiteten Methoden zur Geburtenkontrolle in der westlichen Welt. Nein – auch der als fortschrittlich geltende Papst Franziskus hält am Kondom-Verbot fest. Kritiker haben sich zu früh gefreut.
Dass sich der Papst immer wieder gegen moderne Verhütungsmethoden ausspricht, ärgert die deutsche Theologin Uta Ranke-Heinemann. «Es ist einfach lächerlich und eine Zumutung, dass sich der Papst herausnimmt, Regeln zum ehelichen Geschlechtsverkehr zu erlassen», sagt die deutsche Theologin. Auch Jesus habe das nicht getan. «Die Präsenz des Papstes in ehelichen Schlafzimmern ist empörend!» Die katholische Theologie sei zur Kondom-Theologie geschrumpft.
Die Verhütungsmethoden der Kirche seien erstens: kein Verkehr. Zweitens: Verkehr nur an unfruchtbaren Tagen der Frau. Doch viele Ehepaare könnten diese unfruchtbaren Tage gar nicht berechnen. Und: «Es gibt Frauen, die leicht schwanger werden.» Drei Kinder würden bei solchen Frauen kurz hintereinander geboren. Und dann?
Ständig äussere sich die Kirche zur Verhütung – sie praktiziere quasi die Verhütung der Verhütung. Uta Ranke-Heinemann erinnert an die Aussage von Papst Benedikt XVI. in seinem Buch «Licht der Welt» von 2010: «Kondome sind nur ‹für männliche Prostituierte› erlaubt – nicht für Eheleute.»
Es ist ein Irrtum zu glauben, dass Franziskus fortschrittlich ist.
Viele Kritiker der katholischen Theologie haben auf Franziskus als Reformer gehofft – nicht Uta Ranke-Heinemann. «Es ist ein Irrtum zu glauben, dass Franziskus fortschrittlich ist.» Er kleide sich zwar nicht wie sein Vorgänger alle zwei Stunden neu ein. «Doch ich habe aus seinem Mund bisher nicht einen Satz gehört, der von der Meinung seines Vorgängers abweicht.»
Franziskus könne gar nicht fortschrittlich sein, ist Uta Ranke-Heinemanns Überzeugung. «Denn die Unfehlbarkeit der Vorgänger behindert das selbständige Denken der Nachfolger-Päpste.»