Zur Bekämpfung der Ebola-Epidemie hat Sierra Leone von Freitag bis zum Sonntag eine Ausgangssperre für alle Bürger verhängt. In dieser Zeit sollen Gesundheitsarbeiter von Haus zu Haus gehen, die Bevölkerung über das Virus aufklären und mögliche Ebola-Kranke ausfindig machen. Laut der Zeitung «Concord Times» sind dafür rund 21'000 Helfer im Einsatz. Sie sollen zusätzlich 1,5 Millionen Stück Seife verteilen.
Wirkung ist umstritten
Steven Gaojia, der Chef der Notfallbehörde (EOC), erklärte, dass es einige Zeit dauern werden um die Seuche zu besiegen. «Die Situation wird sich wahrscheinlich noch verschlechtern, bevor sie besser wird. Die Ausgangssperre ist deshalb als rein psychologische und erzieherische Massnahme gedacht.»
Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) hatte den Schritt bereits vor Tagen kritisiert. Es bedürfe Helfer mit viel Erfahrung, um bei einem solchen Tür-zu-Tür-Screening Menschen mit Ebola-Symptomen auszumachen, hiess es in einer Stellungnahme. «Entscheidend aber ist: Selbst wenn potenzielle Patienten ausgemacht sind, wird es nicht genug Ebola-Zentren geben, die sich um sie kümmern könnten.» Ohne Platz zur Untersuchung und Behandlung von Verdachtsfällen habe das ganze Vorhaben keinen Sinn.
Anders sieht das Noemi Schramm, die für das Gesundheitsministerium in Sierra Leone arbeitet: «Das ist eine Massnahme, die ausprobiert werden muss.« Werde sie richtig umgesetzt, könnte die Quarantäne etwas bewirken. Neben dem Auffinden von Ebola-Erkrankten sei es notwendig, den Menschen mit den Hausbesuchen zu verdeutlichen, wie wichtig es sei, dass sie sich nicht versteckten.
Es brauche aber Zeit, um Behandlungszentren mit genügend Ressourcen zur Bekämpfung der Krankheit aufzubauen, sagt die Gesundheitsökonomin, die sich aus Sicherheitsgründen zurzeit in der Schweiz aufhält. Eine längere Quarantäne sei aber politisch nicht durchsetzbar.
Hungersnot befürchtet
Experten zufolge droht in Sierra Leone auch eine Hungersnot. Eine Studie der Welthungerhilfe zeige, dass sich die Folgen der Ebola-Epidemie in dem westafrikanischen Land weit dramatischer auswirken könnten als die Krankheit selbst. «Ab März rechnen wir hier mit gravierendem Hunger», warnte Landeskoordinator Jochen Moninger.
Grund für die prekäre humanitäre Lage sei unter anderem ein rasanter Anstieg der Lebensmittelpreise im ländlichen Raum, auch weil Transporte nur zu bestimmten Zeiten erlaubt seien. «Um die Epidemie einzudämmen, wurden ganze Dörfer isoliert, in einigen Epizentren gehen die Nahrungsmittelvorräte zur Neige», hiess es in einer Mitteilung.
Ganze Wirtschaft zusammengebrochen
In diesem Jahr könnten nur noch rund 40 Prozent der Felder bewirtschaftet werden. Die ganze Wirtschaft und weite Teile des öffentlichen Lebens in dem ohnehin bitterarmen Land seien wegen des Virus zusammengebrochen. Ausländische Firmen hätten das Land verlassen, lokale Märkte existierten nur noch eingeschränkt.
Ausserdem seien viele Menschen aus ihren Heimatorten weggegangen. «Wir müssen uns jetzt auf Nahrungsmittellieferungen in grossem Umfang vorbereiten, das Gesundheitssystem verbessern, ein Frühwarnsystem einrichten», erklärte Moninger.