Die katalanische Tageszeitung «El Periódico de Catalunya» schreibt, viele Katalanen hätten sich schon lange im Geiste von Spanien verabschiedet. Die Polizeigewalt vom Sonntag habe dafür gesorgt, dass es nun noch mehr seien.
In einem zweiten Kommentar schreibt eine Journalistin, dass ihr zwei Worte einfallen, um den gestrigen Tag zu beschreiben: «vergüenza y dignidad» – Schande und Würde. Es seien dies die Schande der spanischen Polizei, der Guardia Civil, die mit grosser Härte gegen das Stimmvolk vorgegangen sei. Würde hätten hingegen die vielen tausende Katalaninnen und Katalanen ausgestrahlt, die zur Abstimmungen gingen. Nun müsse der Volkswille durchgesetzt werden, so die Kommentatorin.
Die Politik hat versagt
Doch in Katalonien sind auch kritische Worte zu lesen, so etwa in der auflagenstärksten Tageszeitung der Region, «La Vanguardia» . Dort schreibt der Chefredaktor, dass das, was am Sonntag geschehen sei, ein «fracaso» sei – ein Versagen der Politik. Diese sollte Lösungen anbieten anstatt neue Probleme zu schaffen.
Die Bilder, die jetzt aus Spanien um die Welt gingen, seien schlecht für das Image des ganzen Landes. Da gebe es nur Verlierer. Schuld am Ganzen seien der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy und der katalanische Regionalregierungschef Carles Puigdemont. Sie hätten miteinander reden sollen, anstatt den Konflikt eskalieren zu lassen.
Premier Rajoy jetzt in der Pflicht
Ausserhalb Kataloniens wird das Unabhängigkeitsreferendum stark kritisiert. Das Ja zur Unabhängigkeit sei ein Nein zum Zusammenleben der verschiedenen Völker in Spanien, schreibt heute die Philosophin Adela Cortina in der grössten spanischen Tageszeitung «El País» .
In einem anderen Kommentar derselben Zeitung heisst es, dass man einer Revolte das Gesetz entgegen halten müsse – aber nicht nur. Statt den Dialog stur zu verweigern, solle Regierungschef Rajoy nun alles tun für eine gemeinsame Zukunft der siebzehn autonomen Regionen Spaniens.
Puigdemont vor den Richter?
Bei «El Mundo» , einer anderen grossen spanischen Tageszeitung, heisst es im Leitartikel, der 1. Oktober werde in die Geschichte eingehen. Aber nicht als Tag der katalanischen Unabhängigkeit, sondern als Tag der gezeigt habe, wie verantwortungslos die Regierung von Katalonien agiere. Das Chaos vom Sonntag sei beabsichtigt gewesen und spiele Puigdemont in die Hände. Er gehöre vor Gericht gestellt.