Heftige Unwetter sind im Mittelmeerraum zwischen Spätherbst und Winterbeginn nichts Aussergewöhnliches. «Dieses Phänomen beobachten wir seit Menschengedenken», sagt der italienische Klimaforscher Vincenzo Artale im Gespräch mit SRF. Verantwortlich dafür seien das warme Wasser des Mittelmeers und die einströmende heisse Luft vom Atlantik.
«Neu für den gesamten Mittelmeerraum ist aber, dass die Stürme eine derartige Wucht entwickeln und so viel Zerstörung hinterlassen» wie die Zyklone «Cleopatra» auf Sardinien, betont Artale. Schuld daran sei die erhöhte Temperatur des Mittelmeeres durch die Klimaerwärmung.
Artale vergleicht das Unwetter in Sardinien mit dem Wirbelsturm ‹Katrina›, der New Orleans 2005 schwer zerstörte. Genau wie damals der Golf von Mexico sei das Mittelmeer wegen des heissen Sommers und des lauen Herbstes bis in grosse Tiefen immer noch sehr warm. Warme Luft vom Atlantik habe die aufsteigende Feuchtigkeit des Mittelmeeres wie ein Schwamm aufgesogen. Weil die Temperatur des Mittelmeers wegen des Klimawandels stetig steigt, gibt es laut Artale viel länger Wärme und Feuchtigkeit ab als früher. Das erkläre die Heftigkeit und Wucht des Unwetters «Cleopatra».
Wassermassen mit der Kraft einer Bombe
Vincenzo Artale sagt, wenn der Bürgermeister der betroffenen Stadt Olbia behaupte, das Wasser habe wie eine Bombe eingeschlagen, sei dies kaum übertrieben. «Die plötzliche Entladung der enormen Wassermassen über Sardinien hat genau diesen Effekt.»
Artale rechnet damit, dass die Zahl dieser verheerenden Unwetter stetig zunimmt: Vor kurzem wurden die Cinque Terre heimgesucht, zuvor Kalabrien, jetzt habe es Sardinien getroffen. Ereignisse wie diese seien allerdings schwer voraussehbar, räumt er ein. Trotz aller Forschung stehe man noch am Anfang.