Der griechische Premier Alexis Tsipras hat in einer Ansprache an die Nation seinen Rücktritt bekannt gegeben. Damit ist der Weg frei für Neuwahlen. Als Termin für den Urnengang ist der 20. September im Gespräch.
Er werde dann dem griechischen Volk Rechenschaft ablegen, was er seit seinem Regierungsantritt im Januar geleistet habe – «dann sollen sie von Neuem entscheiden». Jetzt wo das neue Hilfspaket unter Dach und Fach sei, brauche er ein neues «starkes Mandat» der Bürger, damit er demnächst Verhandlungen über eine Umstrukturierung des griechischen Schuldenbergs führen könne, sagte Tsipras.
Mit den Neuwahlen wolle Tsipras die Rebellion in der eigenen Partei bekämpfen, sagt SRF-Korrespondent Werner van Gent. Denn: «Bei der letzten Abstimmung zum Sparprogramm hatte es innerhalb der Syriza 44 Abweichler gegeben.» Tsipras kann das Sparprogramm deshalb nur mit HiIfe der Opposition realisieren – «das sind langfristig gesehen keine politisch tragfähigen Zustände», sagt van Gent.
Beliebter Premier
Zwar sei unsicher, ob der griechische Premier mit Neuwahlen die notwendige Mehrheit im Parlament erreiche, so van Gent weiter. «Aber Tsipras' Popularität ist ungebrochen.» Bei einer Umfrage Ende Juli hatten ihn über 60 Prozent positiv beurteilt.
Doch das könnte sich ändern, wenn die Sparmassnahmen erst einmal umgesetzt werden. Auch deshalb seien baldige Neuwahlen im Interesse Tsipras', sagt van Gent. Er geht davon aus, dass dies auch mit den europäischen Partnern so abgesprochen wurde.
Flüchtlinge als grosse Verlierer
Wenn Tsipras' Regierung am Montag zurück tritt, übernimmt während der folgenden Wochen eine Übergangsregierung die Geschäfte. Laut SRF-Korrespondent Stefan Rathgeb wird voraussichtlich die Präsidentin des obersten Gerichtshofs übergangsweise Ministerpräsidentin werden. Die grossen Verlierer von Tsipras' politischem Manöver seien indes die Flüchtlinge, hält Rathgeb fest. «Die Flüchtlingslage spitzt sich zu. Doch es ist nicht zu erwarten, dass eine Übergangsregierung sich in dieser Sache stark engagieren wird – obwohl das dringend nötig wäre.»
An der Grenze zu Mazedonien stauten sich Tausende Flüchtlinge, sagt Rathgeb. Er habe Schwangere und Kinder gesehen, die sich nur mit ihren Hemden und Badetüchern gegen den Regen schützen konnten. «Es gibt keine Toiletten, es gibt keine medizinische Versorgung.» Als Tsipras angetreten sei, habe er versprochen, dass unter seiner Regierung alle Flüchtlinge willkommen seien, sagt Rathgeb. «Aber davon war in den letzten Monaten herzlich wenig zu spüren.»