Der Walliser Weinhändler Dominique Giroud und ein Mitarbeiter des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) sind am Mittwoch zusammen mit einem professionellen Computer-Hacker und einem Privatdetektiv festgenommen worden.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Genf hatte die Festnahme am Mittwoch nach mehrwöchigen Ermittlungen unter dem Verdacht der Daten-Piraterie angeordnet.
Generalstaatsanwalt Olivier Jornot sagte «Schweiz aktuell», dass Giroud offenbar eine Equipe von Spezialisten rekrutiert habe: Einen Computer-Hacker mit sehr guten Kenntnissen, einen Privatdetektiv und einen Mitarbeitert des Nachrichtendienstes. «Also eine Equipe für einen Piratenangriff auf Computer von zwei Journalisten.»
Laut Jornot war das Ziel des Hackerangriffs, undichte Stellen zu identifizieren, aus denen Informationen zu den laufenden Strafuntersuchungen gegen Dominique Giroud an die Medien gelangt waren.
Die vier festgenommenen Personen wurden im Laufe des Donnerstags vom Genfer Generalstaatsanwalt Olivier Jornot angehört.
Die Festnahme erfolgte durch die kantonalen Justizbehörden mit Unterstützung mehrerer Kantonspolizeien. Zusätzliche Informationen wollte die Staatsanwaltschaft nicht abgeben. Demnach ist nicht bekannt, wo die Festnahmen erfolgten.
NDB-Mitarbeiter sofort freigestellt
Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) hatte Kenntnis von der laufenden Untersuchung gegen einen seiner Mitarbeiter durch die Genfer Strafverfolgungsbehörden, wie der NDB auf Anfrage mitteilte. Man habe unverzüglich das Departement VBS und die Aufsichtsorgane darüber informiert.
Felix Endrich, Sprecher des NDB, sagte «Schweiz aktuell»: «Der Mitarbeiter war nicht vom Nachrichtendienst beauftragt, irgend etwas in dieser Sache zu unternehmen.»
Für den Angestellten gelte die Unschuldsvermutung. Er wurde aber gemäss den Vorgaben des Bundespersonalgesetzes per sofort freigestellt.
Journalisten von RTS und «Le Temps» ausspioniert
Das Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS) und die Genfer Zeitung «Le Temps» bestätigten, dass ihre Redaktionen Ziel von Computer-Piraterie-Attacken gewesen seien. Die beiden Medienunternehmen erhoben deshalb Klage gegen Unbekannt.
Yves Steiner, Journalist von RTS, sagte «Schweiz aktuell», dass er vor dem Hacker-Angriff einen suspekten Telefonanruf erhalten habe von jemandem, der sich als Journalist der französischen Zeitung «Le Parisien» ausgab – den es aber gar nicht gibt. Der eigentliche Hacker-Angrif erfolgte dann per E-Mail mit einem versteckten Programm, das Daten von seinem Computer ins Ausland übermittelte.
Der Nachrichtenchef von RTS, Bernard Rappaz, erklärte, dass ein Computer der Redaktion Ziel eines Hacker-Angriffs gewesen sei. Er könne allerdings nicht sagen, ob dieser Piraterie-Versuch und die Affäre Giroud in einem Zusammenhang stünden.
Rappaz unterstrich trotz allem, dass es sich nicht um eine alltägliche Affäre handle. Seines Wissens sei es das erste Mal, dass Journalisten von RTS Ziel von derart ausgeklügelten Piraterie-Versuchen geworden seien.
Der Chefredaktor von «Le Temps» bezeichnete es als «extrem schlimm» dass es Personen gebe, die Journalisten auszuspionieren versuchten. Die Zeitung hatte im Oktober 2013 aufgedeckt, dass die Eidgenössische Steuerverwaltung wegen gravierender Steuerdelikte gegen den Walliser Weinhändler Dominique Giroud ermittelt.
Affäre Giroud seit Monaten in den Schlagzeilen
In der West- und der Deutschschweiz macht die Affäre um das Weinhaus Giroud seit Monaten Schlagzeilen. Der Weinhändler steht seit Herbst 2013 wegen Verdachts auf Steuerdelikte in Millionenhöhe im Fokus der Steuerverwaltung der Eidgenossenschaft und des Kantons Wallis.
Verschärft wird dieser Umstand, dass der Walliser Finanzdirektor Maurice Tornay (CVP) bis zu seiner Wahl in die Regierung 2009 ein Treuhandbüro führte, das auch den Weinhändler Giroud betreute. Tornay legte aber Ende Oktober 2013 ein Schreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung vor, wonach gegen ihn kein Verfahren im Zusammenhang mit Giroud laufe.
Ausserdem läuft gegen Giroud im Kanton Waadt ein Strafverfahren wegen Betrugs, Warenfälschung und Urkundenfälschung. Er wird beschuldigt, zwischen 2006 und 2009 Tausende Liter Wein unerlaubt gemischt zu haben.
Wegen der Berichterstattung des Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS) über die Affäre Giroud kam es zuletzt auch noch zu einem publizistischen Rechtsstreit. Das Bezirksgericht Sitten hatte auf Antrag des Weinhauses Giroud Vins SA die Ausstrahlung zweier Berichte zunächst untersagt, dann aber Ende Mai wieder aufgehoben.