Im Kanton Thurgau hat sich das Parlament gegen das Frühfranzösisch in der Primarschule ausgesprochen. Nun kochen die Gemüter. Die Westschweizer fühlen sich angegriffen. Das Frühfranzösisch führe zu mangelnden Deutsch- und Mathematikkenntnissen, sagen die Befürworter der Abschaffung.
Es braucht dringend Verbesserungen wie mehr Lektionen, angepasste Lehrmittel und einen Unterricht in Halbklassen.
Nun nimmt der Zentralpräsident der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) zum Streit Stellung. «Die Frage der Fremdsprachen auf Primarstufe muss nochmals ernsthaft diskutiert werden», sagt er in einem Gespräch mit der «Basler Zeitung». Denn die Bedingungen für zwei Fremdsprachen in den Primarschulen seien bisher nicht gegeben. «Es braucht dringend Verbesserungen wie mehr Lektionen, angepasste Lehrmittel und einen Unterricht in Halbklassen.»
Der Lehrerverband plädiert für ein Zweisprachen-Angebot an der Primarschule, das von den Kindern je nach Leistungsvermögen genutzt werden könne. Zwar stimme es «teilweise», dass Kinder mit zwei Fremdsprachen in der Primarschule überfordert seien. «Ein generelles Lernverbot auch für leistungsstarke Schüler ist sicher nicht die richtige Lösung.» Zemp sieht dadurch das Gebot der Chancengleichheit in Gefahr.
Doch Probleme ortet Zemp auch in anderen Bereichen. Der Parlamentsentscheid im Thurgau verstosse gegen den Verfassungsauftrag und gegen den Entscheid der Erziehungsdirektorenkonferenz. Die Bundesverfassung halte fest, dass die Ziele der Bildungsstufe harmonisiert werden. Mit seinem Parlamentsentscheid würde der Kanton Thurgau diesen Verfassungsauftrag klar nicht erfüllen. Die Erziehungsdirektorenkonferenz müsse sich auf ein gemeinsames Konzept einigen. Ansonsten käme der Bund nicht darum herum, einzugreifen.
Es wäre sehr unangenehm, wenn der Bund intervenieren müsste.
Wenn die Kantone keinen neuen gemeinsamen Nenner finden, kann der Bundesrat gemäss Verfassung eingreifen. Innenminister Alain Berset hatte im März bereits angekündigt, er werde allenfalls von dieser Kompetenz Gebrauch machen.
Christoph Eymann, Präsident der Erziehungsdirektorenkonferenz EDK und baselstädtischer Erziehungsdirektor, sprach sich jedoch gegen eine Intervention des Bundesrates aus. «Jetzt sind wir, die Kantone, gefordert, eine gemeinsame Lösung zu finden», sagte Eymann. «Es wäre sehr unangenehm, wenn wir als Verantwortliche das nicht schaffen würden und der Bund intervenieren müsste.»