«Wir mussten in den vergangenen Monaten einen Rückschlag einstecken, aber ich bin sicher, dass wir die richtigen Massnahmen getroffen haben, um unsere Ziele zu erreichen», erklärte Martin Senn in der Mitteilung zu seinem Rücktritt als CEO der Zurich Insurance Group.
Nach Absprache mit dem Verwaltungsrat habe er sich zu diesem Schritt entschieden, schreibt die Versicherungsgruppe. Senn war rund sechs Jahre an der Spitze des Konzerns.
Kritik zuletzt angewachsen
Über einen Abgang Senns wurde zuletzt in den Medien spekuliert, nachdem vor allem in der Schadenversicherungssparte General Insurance (GI) Probleme zu Tage getreten waren.
Im dritten Quartal führten die operativen Probleme, etwa im US-Haftpflichtgeschäft, und die hohen Kosten aus den Explosionen vom August am Hafen der chinesischen Stadt Tianjin sogar zu einem Verlust in der GI-Sparte. Auf Gruppenebene brach der Quartalsgewinn um 80 Prozent ein.
Bereits anlässlich des Investorentags im Mai musste Senn der Zurich eine Strategieüberprüfung anordnen. Schrittweise wurde seither ein Stellenabbau angekündigt: für Deutschland (500 Stellen), Grossbritannien (400) oder das Global Team von General Insurance (200 Stellen bis Ende 2016).
«Externe Kandidaten» bevorzugt
Ein Nachfolger von Senn muss erst noch bestimmt werden. Verwaltungsratspräsident Tom de Swaan übernehme die Konzernleitung ad-interim, teilte der Konzern mit. Und auch Vize-Präsident Fred Kindle werde in der Übergangsphase zusätzliche Verantwortung übernehmen.
Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters sagte de Swaan, der künftige Chef solle von ausserhalb des Unternehmens kommen: «Wir haben entschieden, uns auf externe Kandidaten zu fokussieren.»
SRF-Wirtschaftsredaktorin Susanne Giger zum Rücktritt Senns:
«Offensichtlich gab es bei Zurich zwei gegensätzliche Seiten, die übereinkamen, dass es besser ist, wenn man sich trennt. Streitpunkte waren etwa die gescheiterte Grossübernahme des britischen Versicherers RSA. Hier stellt sich die Frage, ob der Verwaltungsrat die Übernahme forciert hatte, die Geschäftsleitung aber den Fokus auf das Lösen der Probleme in der eigenen Schadenabteilung legen wollte. Zudem haben die Zahlen bei Zurich zuletzt nicht gestimmt, es entstand ein grosser Spardruck. Zugleich erwarten die Aktionäre, dass die Zurich wächst. Möglicherweise war CEO Martin Senn dem Verwaltungsrat in diesem Bereich zu wenig aggressiv. Für den Konzern und die Zurich-Angestellten bedeutet der Rücktritt Senns ein grosser Unsicherheitsfaktor. Bereits sind in den vergangenen Monaten einige langjährige Mitarbeiter in den oberen Chargen abgesprungen. Es ist wichtig, dass nun möglichst schnell Klarheit über den neuen Chef geschaffen wird. Eher ungewöhnlich auch, dass VR-Präsident Tom de Swaan nun interimistisch als CEO amtet. Das deutet darauf hin, dass man extern nach einem neuen Chef sucht, der einen neuen Wind ins Unternehmen bringen soll.» |
Aktienwert nach Rücktritt gesunken
Der Rücktritt von Senn habe keinen Einfluss auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens, verkündete die Versicherungsgruppe. Der CEO-Wechsel bei der Zurich könnte aber auch mit der bevorstehenden nächsten Strategieperiode ab 2017 zu tun haben. Bis spätestens Mitte 2016 muss intern die Festlegung neuer operativer und finanzieller Ziele beginnen.
Die Aktien der Zurich sind nach dem Rücktritt von Senn mit tieferen Kursen in den regulären Handel gegangen. Das Tagestief lag am Dienstag bei 267,70 Franken.