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Keine Schönheit: Die Sagalla-Blindwühle (Boulengerula niedeni).
Bild: Dr. John Measey <http://www.arkive.org/sagalla-caecilian/boulengerula-niedeni/image-G22542.html?size=medium>
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Wenn Niedlichkeit zum Überlebensfaktor wird

Wie schaut ihr Lieblingstier aus? Mit höchster Wahrscheinlichkeit ist es gross, elegant, bunt oder hat ein schönes Fell. Denn hässliche und unscheinbare Tiere bekommen nicht viel Sympathie. Das hat negative Konsequenzen für den Umweltschutz.

Welches Tier erhält mehr Spendengelder: Ein Feldhase mit Mümmelnase oder die warzige Geburtshelferkröte? Die wissenschaftlich korrekte Antwort lautet: Die Kröte bräuchte das Geld eher, denn sie ist stärker bedroht. Doch die meisten Spenderinnen und Spender entscheiden anders, wie Untersuchungen zeigen: Sympathieträger bekommen deutlich mehr Geld gespendet als hässliche Tiere.

Schöne Tiere überleben heute eher
«Weil wir Menschen die Erde nach radikal umgestalten, haben wohl nur jene Tiere eine Zukunft, die auf unsere Hilfe zählen können. Diese Glücklichen sind eben solche, die bei uns positive Gefühle auslösen», sagt der Zoologe Daniel Frynta von der Prager Karls-Universität. Er hat soeben eine Studie zu dieser Thematik durchgeführt und mit Fotos untersucht, wie der Hase in unsere Herzen Eingang findet und weshalb die Kröte Abscheu erntet. Es entstand eine Art «Schönheitsranking» der Tiere.

Bunt gemustert gegen trübes Braun
Grosse Tiere wie Elefanten und solche, die uns ähnlich sind, etwa Schimpansen oder Gorillas, haben deutliche Vorteile. Schlangen haben es allgemein viel schwerer, unsere Sympathie zu erobern als Säugetiere und Vögel, aber auch innerhalb dieser Tierkategorie gibt es Unterschiede: Trüb-braune Reptilien sind ohne Chance, bunt Gemusterte schneiden besser ab. «Mein persönlicher Favorit in Sachen Hässlichkeit ist die braun-graue puerto-rikanische Boa», sagt Frynta. Sie bräuchte dringend Schutz, bekommt ihn mit ihrem unattraktiven Äusseren jedoch kaum.

Neue Schönheitsvorstellungen sind gefragt
Dieses Problem hat auch die Zoologische Gesellschaft London erkannt und darum die Tierschutzinitiative «Edge» gegründet. Sie nimmt sich den Hässlichen und Vergessenen an. Ganz oben auf der Edge-Liste bedrohter Amphibien steht der Sagalla-Schleichlurch - ästhetisch gesehen ein hoffnungsloser Fall: Ein grau-braunes, schleimiges, beinloses Amphib, das nur auf den Sagalla-Hills, einem Hügelzug in Kenia, vorkommt. Aber eine Aufklärungskampagne für den Schleichlurch hat überraschend viel bewirkt. «Die lokale Bevölkerung hat die wurmartige Kreatur so richtig ins Herz geschlossen», sagt Carly Waterman von «Edge».