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Schauspielerin Delia Mayer Erst 52 – und schon eine «alte Dame»

Delia Mayer spielt im Schweizer «Tatort» seit acht Jahren die Kommissarin Liz Ritschard. Am Luzerner Theater ist sie derzeit in der Titelrolle in Dürrenmatts «Besuch der alten Dame» zu sehen.

Wie erlebt die 52-jährige Schauspielerin das Älterwerden? Delia Mayer im Gespräch über Botox, Bühne und flache Frauenfiguren im Film.

Delia Mayer

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Die Tochter des Jazzmusikers Vali und Schwester des Schalgzeugers Jojo Mayer studierte Schauspiel und Gesang. Seit 2012 ermittelt sie im Schweizer «Tatort» an der Seite von Stefan Gubser.

SRF: Delia Mayer, Sie spielen derzeit im «Besuch der alten Dame» am Luzerner Theater die Titelrolle. Sind Sie mit 52 Jahren dazu nicht zu jung?

Delia Mayer: Natürlich verbindet man mit dem Titel des Stücks eine wirklich alte Dame. Was die Erwartung an die Figur betrifft, bin ich zu jung. Worauf Claire Zachanassian zurückblickt, wie sie ihr Leben reflektiert und woraus sie ihre Kraft bezieht, kann ich allerdings gut nachvollziehen.

Es ist eine Tatsache, dass Frauen tendenziell jünger besetzt werden, als was ihre Figuren an Lebensgeschichten erzählen.

Aufführungshinweis

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Friedrich Dürrenmatts «Der Besuch der alten Dame» mit Delia Mayer in der Hauptrolle ist noch bis Mitte Januar 2020 am Luzerner Theater zu sehen.

Wann hatten Sie zum ersten Mal das Gefühl, alt zu sein?

Mit 18. Das Gefühl, nicht der Norm zu entsprechen, kenne ich seit jeher. In Hongkong geboren und in einer künstlerischen Familie aufgewachsen, das passte nicht in die geordnete Schweiz der 1970er-Jahre.

Sicher, ich spüre Veränderungen und bin schneller mit körperlichen Grenzen konfrontiert. Alt fühle ich mich, wenn die Aussenwelt mir vermitteln will, dass ich alt bin. Das passiert mir in der Schweiz mehr als in anderen Ländern.

Seit 2011 verkörpern Sie die Ermittlerin Liz Ritschard im Schweizer «Tatort». Wie hat sich die Figur entwickelt?

Die Figur wurde auf Drehbuchebene nicht mit viel Entwicklungspotential, Konflikten oder besonderen Talenten angelegt.

Es wäre interessanter gewesen, eine Figur mit mehr Tiefe und mehr Potential zu verkörpern. Und unter vielen andern Aspekten auch die Entwicklung einer weiblichen Figur zwischen 40 und 50 zu zeigen, die sich in einer Männerdomäne bewegt.

Gegen den Strom zu schwimmen, kostet zwar Kraft, gleichzeitig ist es befreiend und wunderschön.

Die sozialen Medien und die Werbung suggerieren Körperbilder, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben. Bekommen Sie das als Schauspielerin zu spüren?

Ich wurde auch schon von MaskenbildnerInnen oder Kameramännern ermuntert, die Haare zu färben oder Botox zu spritzen, damit «es besser aussieht». Mehr als aushalten, dass ich diesem Bild nicht entsprechen will, kann ich nicht.

Ich möchte mich und andere Frauen bestärken, dass es gut ist, wie es ist. Gegen den Strom zu schwimmen, kostet zwar Kraft – gleichzeitig ist es befreiend und wunderschön.

Sendehinweis

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Der letzte «Tatort» mit Delia Mayer wird voraussichtlich am 27. Oktober 2019 um 20.05 Uhr auf SRF 1 ausgestrahlt.

Wann fühlen Sie sich in ihrem Körper zuhause?

Wenn ich ihm etwas Gutes tue. Seit ich meinen Körper wahrnehme, verändert er sich stetig.

Kindheit, Pubertät, junges Erwachsenenleben, Schwangerschaft, Mutterschaft, Veränderungen der Hormone – kaum ist man eine Weile zuhause, wird man wieder rausgeworfen. Zuhause sein bedeutet also ein konstanter Umzug.

Erotik ist in unseren Köpfen fix mit Bildern junger Körper verbunden. Was finden Sie an sich selbst attraktiv?

Humor, Intelligenz und Lebenslust: Wenn ich in diesen Bereichen mal kurz matt bin, fühle ich mich alt. Dann denke ich an meine Grossmutter, die zwei Weltkriege erlebt hat und munter 98 geworden ist.

Attraktiv finde ich mich, wenn ich in Bewegung bin und mich mit Dingen beschäftige, die mir Spass machen.

Was muss sich ändern, damit Frauen auf der Bühne und der Leinwand in jener Vielfalt abgebildet werden, die ihrer Lebensrealität entspricht?

Ganz einfach: Es müssen Drehbücher geschrieben und produziert werden, die Frauen in ihrer Autonomie zeigen. Frauen, die nicht nur in Bezug auf Männer agieren.

Dazu müssen Männer genauso wie Frauen ihr Rollenverständnis radikal überdenken, und ungleich verteilte Privilegien müssen aufgegeben werden. Ohne Zynismus, denn der macht alt.

Das Gespräch führte Kaa Linder.

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