Erst vor kurzem hat Jacqueline Veuve im Rahmen des Schweizer Filmpreises den Ehrenpreis für ihr Gesamtwerk erhalten. Zeitlebens hat sie sich für kleine Geschichten stark gemacht: Ihre Filme dokumentieren nicht die grossen Momente grosser Menschen sondern den Schweizer Alltag.
Von Heilsarmee bis Militär
So dokumentierte Jacqueline Veuve bereits in ihrem ersten Film «Le panier à viande» (1966) zusammen mit Yves Yersin das Ritual einer Waadtländer Metzgete.
Später thematisierte sie unter anderem die Heilsarmee in «Oh! Quel beau jour!» oder das Militär in «L'homme des casernes». Ihre Themenwahl zeigte schon früh, dass sich die Regisseurin als «kleines Stück des Gedächtnisses unseres Landes» verstand, wie sie einst sagte.
Von Payerne nach Paris bis in die USA
Geboren wurde Jacqueline Veuve am 29. Januar 1930 in Payerne. Nach einer Ausbildung zur Dokumentalistin in Genf ging sie nach Paris, wo sie 1955 den Filmemacher und Ethnologen Jean Rouch im Musée de l'Homme kennenlernte und mit ihm zusammen zu arbeiten begann.
In den 1970er Jahren realisierte sie am Massachusetts Institute of Technology mit dem Dokumentarfilmer Richard Leacock Filmprojekte für das Institut. Daneben drehte sie zwei Kurzfilme über die Frauenbewegung in den Vereinigten Staaten.
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Durchbruch in Locarno
1972 erhielt Jacqueline Veuve in Cannes den Prix Cinéma et Jeunesse für «Les Lettres de Stalingrad». Doch erst mit ihrem ersten abendfüllenden Dokumentarfilm «La Mort du grand-père ou Le Sommeil du juste» – ihrem 26. Film – gelang ihr 1978 der Durchbruch.
Der Film wurde am Filmfestival Locarno gezeigt. Er sorgte dafür, dass Veuve und ihre vier Jahre zuvor gegründete Filmproduktionsgesellschaft «Aquarius Films» in Lausanne regelmässig Auftragswerke und freie Arbeiten realisieren konnten.
Eine vielfach ausgezeichnete Regisseurin
Nun ist Jacqueline Veuve nach langer Krankheit 83jährig verstorben. Sie hinterlässt ein Werk von rund 60 Filmen: darunter 14 abendfüllende, hauptsächlich Dokumentationen, aber auch Spielfilme wie «Parti sans laisser d'adresse» 1982 oder «L'Évanouie» 1992.
Die Regisseurin wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem 1991 mit dem «Chicago International Gold Hugo Award» und im Jahr darauf mit dem Ehrenpreis des Filmfests München.