«So hatte ich mir die Feste der linken Elite vorgestellt, wenn sie sich nicht gerade echauffieren. Hier versammeln sich die Intellektuellen, die Künstler, die um die Welt reisten und glücklich zurückkehrten.» So beschreibt es zu Beginn des Films eine Erzählstimme, wie der Dichter Pablo Neruda seine wilden und dekadenten Feste feiert.
Die Kommentarstimme gehört dem Polizisten Peluchonneau (Gael García Bernal). Er bewundert und verachtet den Freigeist und Playboy, dessen Poesie alle in den Bann zieht. Peluchonneaus Auftrag ist es den untergetauchten Neruda (Luis Gnecco) zu verfolgen, ihn zu finden und hinter Gitter zu sperren. Denn der Dichter ist Kommunist und denen geht es in Chile Ende der 1940er-Jahre an den Kragen.
Der Kalte Krieg hat gerade begonnen und Chile richtet seine Regierung nach rechts. Ein wohlwollendes Zeichen gegenüber der Grossmacht USA, die dem Kommunismus den Kampf angesagt hat.
Nervenaufreibende Verfolgungsjagd
Aber den Dichter und Nobelpreisträger Pablo Neruda einzufangen, zu dessen Unterstützern Grössen wie Pablo Picasso gehören, wird für Peluchonneau zum nervenaufreibenden Katz-und-Mausspiel. Ihm stets dicht auf der Spur, entsteht eine Verfolgungsjagd quer durch Chile und über die Anden.
Je länger sich Peluchonneau von Neruda in die Irre führen lässt, umso tiefer dringt er in die künstlerische Welt des Poeten ein. Er vertieft sich so sehr in dessen Werke und fängt an wie der Autor zu denken, bis man sich als Zuschauer nicht mehr sicher ist, ob Peluchonneau nur eine Romanfigur des Neruda-Cosmos‘ ist.
Endlich mal kein konventionelles Biopic
Anders als Pablo Neruda ist die Figur des Polizisten erfunden. Regisseur Pablo Larraín wollte die politische Verfolgung Nerudas nicht als klassischen Geschichtsfilm zeigen.
Pablo Larraín ist dafür bekannt historische Stoffe in seinem individuellen Stil umzusetzen. Erst kürzlich zeigte er mit «Jackie», dem Portrait über die ehemalige First Lady Jacqueline Kennedy, dass er sich erfrischend vom Einheitsbrei der klassischen Film-Biografie abheben kann.
Schon fast experimentell
Auch «Neruda» ist alles andere als ein klassisches Biopic. Für die Verfilmung eines Geschichtsstoffs, wirken die Bilder schon fast experimentell. Die Tonart ist poetisch und voller Humor. Pablo Larraín verwebt historische Fakten mit Erfundenem.
Durch die Figur des fiktiven Polizisten schafft der Regisseur einen poetischen Kriminalfall, den man auch gerne als Roman lesen möchte.