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Gesellschaft & Religion Ein Museum voll frecher Fälschungen

Original links, Fälschung rechts. Das Museum Plagiarius in Deutschland zeigt 400 Objekte und ihre billige Nachahmung. Auch Schweizer Produkte sind dabei: ein Taschenmesser und zwei Uhren. Die Fakes wurden mit dem «Plagiarius» ausgezeichnet, einem Schmähpreis. Dieses Jahr geht er an eine Brille.

Es ist zum Lachen und zum Heulen, was Plagiatoren aus dem Tempo-Taschentuch gemacht haben. Sollte jemand eine Träne darüber vergiessen, so hilft das Original besser als chinesische Fälschungen, erklärt Isolde Müller, Mitarbeiterin des Museum Plagiarius. «Wir haben das mal ausgetestet, die zerreissen viel schneller. Das ist ganz schlechte Qualität.»

Das ist ein kleines Übel, verglichen mit dem wirtschaftlichen Schaden, den Fälschungen anrichten können: Zum Beispiel für die Schweizer Firma Victorinox durch gefakte Taschenmesser oder für den Schweizer Hersteller Fortis durch nachgemachte Uhren.

Nur am Preis zu unterscheiden

Die Fakes sind – wie viele Produkte in der Ausstellung: Autofelgen, Eierbecher, Möbel – von Laien nicht zu entlarven. Beziehungsweise nur am Preis, der gewöhnlich unter dem des Originals liegt. Oder aber unschwer daran, dass die Ware im Urlaub auf einem Grabbeltisch oder auf fragwürdigen Internetseiten angeboten wird.

In gefälschter Arznei findet sich alles Mögliche

Nicht zu verachten sei aber auch der gesundheitliche Schaden, der durch Fälschungen entstehe, sagt Isolde Müller. «Der Zoll konfisziert immer wieder Waren, die gesundheitsschädlich sind, zum Beispiel Allergien hervorrufen.»

Ausgewählte Stücke steuere der Zoll dann dem Museum bei, um Menschen auf die Gefahren von Fälschungen hinzuweisen. So steht in einer Vitrine auf Hinweisschildern neben Tabletten, dass die Chemikalie Formaldehyd darin gefunden wurde. Neben einem Parfum, in dem Urin enthalten ist.

Vor allem aus Asien

Ein Grossteil der rund 400 Objekte im Museum Plagiarius stammt aus dem asiatischen Raum. Die meisten ausgestellten Fälschungen wurden aber nicht vom Zoll, sondern von betrogenen Firmen eingeschickt.

Museum Plagiarius

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Designer Rido Busse entdeckte in den 1970er-Jahren seine Briefwaage auf einer Messe, in einer Version aus Hongkong. Statt den Hersteller bei der Staatsanwaltschaft anzuschwärzen, gründete er den Plagiarius-Preis. Aus der Aktion entstand eine Sammlung , die erst in Berlin und seit 2007 in Solingen bei Düsseldorf zu sehen ist.

Unternehmen aus aller Welt senden einmal im Jahr aufgetauchte, gefälschte Produkte ein und das Original zum Vergleich dazu. Dadurch machen sie sich zu Anwärtern auf den «Plagiarius»-Preis – einen Negativpreis.

Plagiarius-Preis für die dreisteste Fälschung

Das Goldmännchen der Aktion Plagiarius ist ein schwarzer Gartenzwerg mit goldener Nase. Das ist symbolträchtig, denn die schwarzen Schafe in den unterschiedlichen Branchen verdienen sich häufig eine goldene Nase: Fällt die Arbeit an Entwicklung und Design weg, bleibt mehr Zeit zum Geld verdienen. Wird auch am Material gespart, können Firmen ihre Ware besonders billig anbieten.

2016 gewinnt ein Fälscher aus Deutschland

In diesem Jahr hat ein nachgemachtes Brillengestell der Meyer Brillenmanufaktur aus Sarbrücken die Negativ-Trophäe abgeräumt. Das ausgezeichnete Plagiat stammt nicht aus China – und das nicht zum ersten Mal –, sondern ebenfalls aus Deutschland.

Nach der Messe wandert die Brille – zusammen mit dem zweitplatzierten Türriegel und dem drittplatzierten Waffelwender – ins Museum in Solingen. Das ist damit um eine dreiste, billige Nachahmung reicher.

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