Das Fazit aus der Umfrage, die die Schriftstellerverbände der Schweiz, Deutschlands und Österreichs im Winter 2012/13 durchgeführt haben, fällt nicht rosig aus: Jede dritte Autorin, jeder dritte Autor sind mit ihrem Verlag unzufrieden.
Die wichtigsten Kritikpunkte
In der Schweiz beschreiben 7% der befragten Autorinnen und Autoren die Beziehung mit ihrem Verlag als «konfliktreich», 22% als «nicht zufriedenstellend». 29% sind also unzufrieden.
Die Fakten
9% der befragten Autorinnen und Autoren in der Schweiz sind mit ihren Vertragsbedingungen «sehr unzufrieden» und 11% «unzufrieden». Immerhin 17% sind damit bloss «einverstanden». Freude sieht anders aus.
Bei der inhaltlich-kreativen Zusammenarbeit mit dem Verlag, also dem Lektorat, sehen die Schreibenden grosse Probleme: 14% sind «sehr unzufrieden», 11% «unzufrieden», 14 % gerade noch «einverstanden».
Das Problem ist länderübergreifend
«Besonders erstaunt, dass die befragten Autorinnen und Autoren gerade im Hinblick auf ökonomische Werte besorgniserregend unzufrieden sind», schreibt der Verband Autorinnen und Autoren der Schweiz (AdS) zur Frage nach der kommerziellen Ausschöpfung der Werke. 23% der Befragten in der Schweiz äussern sich «sehr unzufrieden», 24% «unzufrieden», 22% noch «einverstanden».
Mit der Kommunikation und PR für ihre Werke durch den Verlag sind 26% «sehr unzufrieden», 20% «unzufrieden» und 18% immerhin «einverstanden».
Die Unterschiede zwischen den drei deutschsprachigen Ländern fallen nicht ins Gewicht, auch zu Frankreich sind die Differenzen nicht gross. Ein Drittel aller Befragten seien «grundsätzlich unzufrieden mit ihrem Verlag», schreibt der AdS zum Ergebnis seiner Umfrage. Und: «Die Autorenverbände sind der Meinung, das ist zu viel - auch wenn eine Mehrheit der Autorinnen und Autoren zufrieden bis sehr zufrieden mit ihrem Verlag ist.»
Sicht der Autorinnen- und Autoren
Die Unzufriedenheit mit der inhaltlich-kreativen Zusammenarbeit mit dem Verlag – dem Lektorat – versucht Nicole Pfister Fetz, Geschäftsführerin des AdS, im Gespräch mit Radio SRF 2 Kultur so zu erklären: «Man kann nur vermuten, dass auch über den ökonomischen Druck, vielleicht etwas weniger Mittel zur Verfügung stehen für das Lektorat.» Sie weiss von Fällen, in denen ein Verlag von einem Autor bereits ein fertig lektoriertes Werk erwartet habe, bevor es der Verlag überhaupt angenommen habe.
Sehr kritisch geht der Verband mit den Selbstzahlverlagen ins Gericht, bei denen die Autorin oder der Autor selbst die Kosten für die Veröffentlichung eines Buches zu übernehmen hat. «Wenn wir vom klassischen Verlagsmodell ausgehen, das Printexemplare herstellt, dann ist ein guter Verlag einer, der auf eigene Kosten vom Moment der Annahme des Manuskripts an sämtliche Arbeiten auf eigenes ökonomisches Risiko leistet und den Autor fair dafür entschädigt.»
Die Umfrage des AdS sei nicht gegen die Verleger gerichtet, sagt Nicole Pfister Fetz. Die Umfrage helfe vielmehr dabei, Problemfelder aufzuspüren und Diskussionsbedarf abzuklären. «Welche verlegerische Tätigkeiten brauchen wir? Wie müssen sie gestaltet sein, damit eine Zukunft für gute Literatur in der Schweiz möglich wird? Wie muss sich die verlegerische Arbeit bewegen?»
Verleger relativieren die Umfrage
Mit den Ergebnissen der AdS-Umfrage mache sein Verband «erstmal nichts, ausser sie zur Kenntnis zu nehmen», sagt Dirk Vaihinger. Er leitet den Verlag Nagel & Kimche in Zürich, ist Vizepräsident des Schweizerischen Buchhändler- und Verleger-Verbands SBVV und sitzt dem Verlegerfachausschuss dieses Verbands vor.
Gegenüber Radio SRF 2 Kultur relativiert er die Umfrage, weil auch Autoren von Bezahlverlagen mitgemacht hätten, die beispielsweise die Antworten zur Lektoratsfrage stark ins Negative gedrückt hätten. Weil jene Verlage ihre Bücher nicht lektorierten und die Autoren per se nicht zufrieden sein könnten.
Erfolg ist nur schwer kalkulierbar
Vaihinger sieht im Resultat der Umfrage «zu Teilen eine Quittung». Bei einem Misserfolg würden viele Künstler die Ursache nicht bei ihrem Buch suchen, sondern bei einem Produzenten, «der es nicht geschafft hat, dieses Werk zu einem Erfolg zu führen».
Doch bei Erfolg und Misserfolg seien viele Komponenten im Spiel, die weder dem Autor noch dem Verlag anzulasten seien. «Man hat mit schwer kalkulierbaren Umständen zu tun: Gusto des Publikums, Zufälligkeiten des Wettbewerbs, Preisvergabe, Medien...»
Sieht Dirk Vaihinger also nirgends Handlungsbedarf – bei einem Drittel unzufriedenen Autoren? «In Zeiten der zunehmenden Publikationsdichte, bei einem jedes Jahr höheren Volumen, führt das zwangsläufig zu einer höheren anteiligen Unzufriedenheit sowohl der Autoren als auch der Verlage beim Ergebnis.» Die Verlage müssten deshalb den Autorinnen und Autoren gegenüber besser transparent machen, was sie für ihre Bücher täten. Dann werde die Unzufriedenheit der Autoren mit den Verlagen sinken. «Der Autor erkennt die Arbeit des Verlags oft nicht. Dieses Tun müssen wir deutlicher kommunizieren.»
Tendenz zum Selberverlegen steigt
Ob die beiden Vertragsparteien tatsächlich besser miteinander ins Gespräch kommen, wird sich in einem Jahr dingfest machen lassen. Die Autorenverbände haben angekündigt, binnen Jahresfrist erneut ein «Barometer» zu erstellen. Tatsache ist, dass beim traditionellen Print-Verlagsmodell Verlage und Autorinnen und Autoren aufeinander angewiesen sind. Doch vielleicht blüht gerade deswegen zurzeit der Selbstverlagsgedanke auf, sowohl beim Buch als auch im E-Publishing-Bereich.