Sie waren so präsent wie kaum eine andere Schweizer Gruppe in den letzten Jahren: Lo & Leduc. Vor Zigtausenden von Handy-Linsen, beobachtet von Fotoreportern, vor den Mikrophonen der Radiostationen und im Fernsehstudio. Schliesslich ging «079» im November in der neusten Ausgabe der «Grössten Schweizer Hits» auch als klarer Sieger aus dem Rennen hervor.
Dicht auf den Versen
Doch die krasseste Erfahrung für die beiden Berner Rappoeten war es, ein Jahr lang nah von Kameras verfolgt zu sein. SRF begleitete sie für den Dokfilm «Lo & Leduc: Mir chöme nume schnäu verby» während eines ganzen Jahres.
Zum ersten Mal spielten sie die Rolle der Protagonisten eines Filmes. Das sorgte für gemischte Gefühle: «Wir haben uns bisher sehr selten ganz geöffnet», sinniert Leduc. Augenzwinkernd schiebt er nach: «Das machen wir jetzt und haben gar keine Angst, nur ein bisschen.»
Die Seele rauben kann ihnen die Linse nicht. Doch zwischen der Überhöhung von Stars und ihrer Zerstörung liegt zuweilen nur eine Kameraeinstellung. Und natürlich die gierigen Klicks hinterher.
Politischer Nahkampf mit der «Heimat»
2019 war das Jahr nach «079». Gleich zu Beginn brachen die helvetischen Superstars im Moment ihres grössten Erfolgs quasi inkognito zur Lesetour auf als «Häberli Oggier».
Der Schluss liegt nahe, dass ihnen Posen und Stargehabe so fern liegen wie banale Songtexte. Dafür gingen sie in einen grossartig poetischen Nahkampf mit dem, was um sie herum als Heimat bezeichnet wird.
Schwingfest bis Symphonieorchester
Vom Heimspiel auf der Gurtenbühne, wo sie von einem frenetischen Publikum gefeiert wurden, zum Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest, wo sie Göläs Hit «Uf u dervo» als Fluchttraum aus Aleppo umdeuteten: Die Auseinandersetzung mit dem Land, das sie so tief ins Herz geschlossen hat, war in diesem Jahr Leitmotiv.
Dies schliesslich auch beim Experiment mit dem Berner Symphonieorchester im November, wo Lo & Leduc im orchestralen Gewand eine eigens komponierte Songsuite mit dem metaphorischen Titel «i.ch» präsentierten.
Und all dies beobachtet von der Dok-Kamera. Dabei ist ihnen wichtig: Jeder Film erzählt eine Geschichte, nie die pure Realität. Aber authentisch wirken sie in jedem Moment. Gerade weil die Selbstreflexion nie fehlt.