Zum Inhalt springen

Bregenzer Festspiele 2017 Spektakel für Auge und Ohr: Die besten Bühnenbilder aus Bregenz

Von pompös bis radikal: acht herausragende Bühnenbilder von den Bregenzer Festspielen, die ins Auge stechen.

1946: W. A. Mozart: «Bastien und Bastienne» und Choreographie zu «Eine kleine Nachtmusik» (Ausstattung: Maria Wanda Milliore)

Ein Bühnenbild auf dem See.
Legende: 1946 musste das Publikum das Spektakel auf Bierbänken oder stehend bewundern. Bregenzer Festspiele

Mit dem Schäfer-Singspiel beginnt die über 70-jährige und erfolgreiche Geschichte des Musiktheaters auf dem See vor Bregenz, des «Spiels auf dem See».

Das Bühnenbild zeigt 1946 zu Mozarts Einakter klassisch eine hübsche, leicht stilisierte Landidylle samt kleiner Brücke und Laube. Das Publikum sitzt damals noch auf Bierbänken am Ufer oder muss sich mit Stehplätzen begnügen.

Die Neue Zürcher Zeitung berichtet zwar über die Eröffnung der ersten, nur eine Woche dauernden Bregenzer Festspiele. Das wohl als Kuriosum eingeschätzte «Spiel auf dem See» erwähnte sie jedoch nicht.

1950: C. Millöcker: «Gasparone» (Bühne: Max Röthlisberger)

Das Bühnenbild von «Gasparone».
Legende: 1950 waren leichtere Werke en vogue: das Bühnenbild von «Gasparone». Bregenzer Festspiele

In der frühen Zeit des «Spiels auf dem See» wurde im Gegensatz zu heute jedes Jahr eine Neuinszenierung produziert. Die Operette «Gasparone» steht exemplarisch für diese Zeit, denn damals wurden vor allem leichtgewichtigere Werke – Operetten oder Singspiele – aufgeführt.

Durchweg wurden sie in ganz klassischen Bühnenbildern gezeigt. Ganze Dörfer oder Naturszenen wurden detailgetreu auf die Seebühne gebaut. Auch der Bodensee selbst wurde immer mehr miteinbezogen.

Ab 1950 verfügte Bregenz mit seiner erweiterten, über 6000 Zuschauende fassenden Tribüne über die grösste Seebühne der Welt.

1952: C. Zeller: «Der Vogelhändler» (Bühne: Ferry Windberger)

das Bühnenbild von «Der Vogelhändler».
Legende: Weg von der naturalistischen Tradition: das Bühnenbild von «Der Vogelhändler». Bregenzer Festspiele

Erstmals entfernt sich dieses Bühnenbild sachte von der ganz naturalistischen Tradition auf der Seebühne: Das Publikum sieht auf der Bühne nicht den Handlungsort dieser Operette (die Pfalz), sondern unter anderem einen übergrossen Brunnen, ein grosses fürstliches Wappen und einen riesigen, liegenden Krug.

Sie werden in die Handlung integriert und von den Akteuren bespielt, während das Orchester in einer aufklappbaren Muschel auf der Bühne spielt.

1964: F. Lehár: «Das Land des Lächelns» und P. Tschaikowsky «Dornröschen» (Bühne: Walter von Hoesslin)

Das Bühnenbild aus dem Jahr 1964. Es enthält chinesische Elemente.
Legende: Pompös im Hintergrund, neutral im Vordergrund: das Bühnenbild aus dem Jahr 1964. Bregenzer Festspiele

In den 1960er-Jahren wird alternierend zu den Operetten jeweils auch ein Ballett gezeigt. Das Bühnenbild muss also zu beiden Geschichten passen.

Eine elegante Lösung für dieses Problem findet Walter von Hoesslin: Die pompösen chinesischen Dekorationen für die Operette sind getrennt von der Hauptbühne im Hintergrund. Somit bleibt diese relativ neutral und kann problemlos mit auch mit einem Ballett bespielt werden. Das Orchester musiziert jetzt unter der Bühne.

1973: R. Wagner: «Der fliegende Holländer» (Bühne: Toni Businger)

Das Bühnenbild von «Der fliegende Höllander»
Legende: «Der fliegende Höllander» auf dem Bodensee: Wagners Oper passte perfekt ins Umfeld. Bregenzer Festspiele

Ab dem Sommer 1973 hält die grosse Oper Einzug auf der Seebühne – und zwar gleich richtig. Mit der ersten Wagner-Produktion erlebt das «Spiel auf dem See» eine entscheidende Wende. Bis heute werden dort jetzt mehrheitlich Opern gespielt und nur noch vereinzelt Operetten oder Musicals.

Wagners «Holländer» ist natürlich prädestiniert für eine Seebühne: Das Schiff des ruhelosen und gespenstischen Kapitäns wirkt nirgends so echt wie auf richtigem Wasser.

1985: W. A. Mozart: «Die Zauberflöte» (Bühne: Michel Lebois)

Das Bühnenbild von «Zauberflöte».
Legende: Zu viel Arbeit für eine Saison: Ab 1985 stehen die Bühnenbilder zwei Jahre. Hier das Bühnenbild der «Zauberflöte». Bregenzer Festspiele / Karl Forster

Mit dem aufwändigen Bühnenbild der ersten «Zauberflöte» auf dem See wechseln die Bregenzer Festspiele in den Zweijahres-Turnus. Die Bühnenkonstruktion muss ab jetzt stabiler gebaut werden, da sie auch im Winter stehenbleibt.

Die Regie-Ästhetik ist nach wie vor naturalistisch. Sie soll die Handlung verdeutlichen, sie betont visualisieren und somit etwaige Hemmschwellen gegenüber der Oper abbauen. Ziel ist ein für «jeden zugängliches Volkstheater mit künstlerischem Anspruch».

2005: G. Verdi: «Il Trovatore» (Bühne: Paul Steinberg)

Das Bühnenbild von «Il Trovatore» ist eine Ölraffinerie.
Legende: Radikales Bühnenbild: Verdis «Il Trovatore» spielt nicht in mittelalterlichen Gemäuern, sondern in einer Ölraffinerie. Keystone

Bald nach der «zugänglichen» Zauberflöte setzen sich in Bregenz modernere Regiekonzepte durch. Die Festspiele erreichen neue Besucherrekorde.

Gefragt sind nicht mehr bloss hübsche, naturalistische Bebilderungen, sondern vielmehr suggestive Symbole, die zur Handlung passen und bisweilen sogar neue Deutungsansätze.

Die diesbezüglich radikalste Bühne entwirft Paul Steinberg zu Verdis «Troubadour». Er lässt das Drama statt in mittelalterlichen Gemäuern in einer heutigen Ölraffinerie spielen – eine Metapher für Reichtum und Macht.

Erstmals spielt 2005 das Orchester nicht mehr unter der Bühne, sondern über Lautsprecher zugeschaltet aus dem angebauten Festspielhaus.

2008: G. Puccini: «Tosca» (Bühne: Johannes Leiacker)

Das Bühnenbild von «Tosca ist ein riesiges Auge».
Legende: Bregenzer Festspiele goes Bond: Der Agent jagte Bösewichte über das Bühnenbild. Bregenzer Festspiele / andereart

Reduzierter als alle Inszenierungen überhaupt auf der Seebühne. Alles dreht sich um ein grosses Auge, welches die Bühne dominiert. Das Auge Toscas? Das «Auge» von Scarpias Überwachungsregime?

Neben den vielen Zuschauern zieht das «Spiel auf dem See» nun auch die Filmindustrie an: James Bond und die von ihm gejagten Bösewichte statten den Bregenzer Festspielen einen Besuch ab. Und 007 klettert sogar höchstpersönlich am Riesen-Auge herum.

Sendung: SRF 2, Sternstunde Musik, 21.07.2017, 20:10 Uhr.

Meistgelesene Artikel