In der Regel werden neue Technologien bei Autos zuerst in der teuren Oberklasse eingeführt. Bis diese dann auch in den günstigsten Modellen serienmässig zu haben sind, dauert es mindestens ein Jahrzehnt.
Beim «elektronischen Stabilitätsprogramm» (ESP) war es anders: Zwar war der erste Wagen mit ESP ein teurer Mercedes der S-Klasse, aber es verging nur kurze Zeit, bis der Assistent auch im günstigsten Modell Einzug gehalten hatte, in der A-Klasse.
Schuld war der nicht bestandene Elchtest. Bei Versuchen mit dem höher gebauten A-Klasse-Mercedes hatte sich gezeigt, dass das Auto umkippen konnte. Statt das Design komplett zu überarbeiten, rüstete Mercedes das Fahrzeug einfach mit Elektronik aus und konnte den Wagen so ohne allzu grosse Verzögerungen auf den Markt bringen. Kurz darauf wurde auch der Smart mit der neuartigen Elektronik ausgerüstet, weil auch bei diesem Kleinwagen Probleme mit dem «Elch» aufgetreten waren.
Ein Hauch von Magie
In den späten 1990er-Jahren hievte ESP die Verkehrssicherheit also schnell auf ein neues Level: Eine Software erfasst mittels Sensoren 25 mal pro Sekunde alle Lenkbewegungen sowie die Fahrtrichtung und weiss dank dieser Information, wie im Notfall jedes einzelne Rad gezielt zu bremsen ist, bevor der Wagen ins Schleudern gerät.
In den Anfängen der Digitalisierung des Autos ging von dieser Technologie etwa magisches aus. Heute gehört sie zum Alltag. In der EU ist das ESP seit 2014 sogar Pflicht bei Neuzulassungen. Laut Hersteller Bosch konnten so bis heute rund 15'000 Menschen Leben gerettet werden.
Smartphones auf Rädern
Weil Technik in vielen Bereichen dem Menschen überlegen ist, hat sich seit der Erfindung von ESP viel getan: Autos haben sich in rollende Software-Plattformen verwandelt, bei denen ESP nur noch eines von vielen Rädchen im digitalen Zusammenspiel von vernetzten Sensoren, Software und Computern ist.
Bereits ein Kleinwagen hat bis zu fünfzig Rechner eingebaut, die schon vor zehn Jahren mit zehn Millionen Zeilen Software-Code gesteuert wurden. Auf Papier ausgedruckt, entspricht das 180'000 Seiten. Zum Vergleich: Das Betriebssystem Windows 10 umfasst 50 Millionen Zeilen Code.
Die Software von automatisiert fahrenden Fahrzeugen wird zwischen 300 und 500 Millionen Codezeilen umfassen, schätzt Bosch. Meterhohe Stapel von Software-Zeilen bestimmen also schon heute und in Zukunft noch mehr die Fähigkeiten und Eigenschaften unserer Autos.
Wir sind deine Korrespondenten aus der digitalen Welt. Ist ein Chip drin oder hängt es am Internet? Wir berichten wöchentlich. Smartphones, soziale Netzwerke, Computersicherheit oder Games – wir erklären und ordnen Digitalisierungs-Vorgänge ein, seit 2006
Um diesen Podcast zu abonnieren, benötigen Sie eine Podcast-kompatible Software oder App. Wenn Ihre App in der obigen Liste nicht aufgeführt ist, können Sie einfach die Feed-URL in Ihre Podcast-App oder Software kopieren.