«Ja, die Klosterkirche Königsfelden können wir gratis zur Verfügung stellen» – Jörn Wagenbach ist ein gefragter Mann. Während des Interviews in seinem Büro auf Schloss Wildegg klingelt immer wieder das Telefon. Es geht um Königsfelden, die Klosterkirche ist ein wichtiger Bestandteil vom Museum Aargau.
Im nächsten Telefonat fällt das Stichwort «Surbtal». Ob es da um die Idee eines jüdischen Museums geht? Endingen und Lengnau, die beiden Dörfer im Surbtal, waren lange die einzigen Orte, wo Schweizer Juden wohnen durften. Von dieser Zeit zeugt noch ein reiches architektonisches Erbe.
Jörn Wagenbach, seit 1. Dezember 2013 Direktor vom Museum Aargau, kommt mitten in die Brainstorming-Phase für eine Art jüdisches Museum im Aargau. Der Kanton hat bei diesem Projekt die Federführung übernommen. Wagenbach: «Wir haben vor, in diesem Jahr ein Kooperationsprojekt zu machen mit den Gemeinden Endingen und Lengnau. Wir wollen schauen, was man machen sollte beziehungsweise könnte.»
Kreuz und quer durch den Aargau
Jörn Wagenbach hat sich gut eingearbeitet in seine Dossiers, man merkt es, wenn man mit ihm spricht. Und er hat schon viele Kontakte geknüpft. 1500 Kilometer hat er in den vergangen Wochen zurückgelegt, auf Reisen innerhalb des Aargaus. Er hat alle Standorte vom Museum Aargau besucht und er war zum Beispiel auch im Kloster Muri.
Das gehört zwar nicht zum Museum Aargau. Weil dort aber die Gruft der Habsburger ist, bestehen vielfältige Verbindungen zum Museum Aargau, denn zu diesem gehört auch die Habsburg, die Stammburg des mächtigen Herrschergeschlechts, gehört.
In Koblenz (D) geboren und aufgwachsen, studierte Jörn Wagenbach an der Universität in Mainz bildende Kunst. Er merkte aber schon früh, dass er nicht Maler oder Bildhauer werden wollte. «Künstler zu sein, wäre mir wohl zu einsam gewesen, ich habe gern Menschen um mich herum.»
Kulturmanagement 2.0
So ging er ins Gutenberg-Museum in Mainz, wo er Ausstellungen organisierte. «Dort hat es Bücher, die so unglaublich wertvoll sind, dass man sie nicht anfassen und nicht einmal ausstellen darf, weil sie so lichtempfindlich sind», sagt Wagenbach. «Meine Aufgabe bestand darin, den Besuchern die Bedeutung dieser Bücher und überhaupt der Buchdruck-Kunst aufzuzeigen.»
Für diese Aufgabe konnte Wagenbach sein kommunikatives Talent einsetzen. Dieses führte ihn später zum Flughafen Zürich, wo er für die Besucherführungen und Events zuständig war. Auch als Sprecher trat er dort auf. Er bildetet sich in Management weiter und leitete später die Kommunikationsabteilung des Logistik-Konzerns Panalpina. Bevor er Direktor wurde vom Museum Aargau, war Jörn Wagenbach Kommunkationschef beim Schokoladenproduzent Barry Callebaut.
Von Barry Callebaut, dem grössten Süssigkeiten-Hersteller der Welt, zum Museum Aargau – warum dieser Sprung? «Ich habe viele Sachen in meinem beruflichen Rucksack. Kunst und Kultur, das ist das, was mich wirklich interessiert. Ich kann kommunizieren, verstehe etwas von PR und bin auch Manager. Ich wollte eines Tages zeitgemässes Kulturmanagement machen, sozusagen Kulturmanagement 2.0. Beim Museum Aargau kann ich jetzt genau das umsetzen.»
Textilausstellung und Bäume fällen
Ideen hat er ohne Ende. Für 2015 sind viele Anlässe geplant, zur Erinnerung an das Jahr 1415, als der Aargau von den Eidgenossen erobert wurde. Jörn Wagenbach möchte aber auch die Industrialisierung des Aargaus thematisieren. Das könnte man anhand einer Textilausstellung zeigen, erklärt er im Gespräch mit dem Regionaljournal Aargau Solothurn von Radio SRF.
Daneben sprudeln noch weitere Ideen aus dem neuen Direktor vom Museum Aargau heraus. Sein Büro hat er auf Schloss Wildegg, wobei man korrekterweise von der Schlossdomäne Wildegg sprechen muss. Die Anlage besteht nämlich nicht nur aus dem Schloss und dem grossen Garten, sondern auch aus einem Bauernhof und einem grossen Waldstück.
Der Förster hat noch Unterlagen aus dem 18 Jahrhundert und er weiss, wie man damals Bäume fällte. Warum nicht auch solche ganz praktischen Tätigkeiten zeigen im Museum Aargau?
Das Problem mit dem Depot
Jörn Wagenbach ist bewusst, dass er sein Amt in einer Zeit antritt, in der die finanziellen Mittel knapper werden. Der Kanton setzt den Rotstift an, überprüft Leistungen und streicht auch bei der Kultur Gelder. Darüber lamentieren? Das ist nicht Wagenbachs Ding. Er denkt an Fundraising und Sponsoring. Dinge, die er in der Privatwirtschaft gelernt hat.
Hätte er aber unbegrenzt Mittel und Ressourcen zur Verfügung, wüsste Jörn Wagenbach ganz genau, wie er sie investieren würde. Ein Schaulager würde er bauen. Dort würde er die Sammlung vom Museum Aargau zeigen. Diese lagert bis jetzt in einer Halle in Egliswil, über 60'000 Gegenstände sind es. Der Platz ist viel zu knapp, viele Schätze können nie gezeigt werden. «Wir wünschen uns ein grosses Schaulager, in dem wir dem Aargau, aber auch auswärtigen Besuchern zeigen können, was alles in unserem Depot schlummert.»