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Aargau Solothurn Werkstatt-Mord von Gränichen: Ein Angeklagter ist kein Mörder

Vor knapp vier Jahren wurde in Gränichen ein Mann erschossen. Nun hat das Obergericht entschieden: Einer der beiden Angeklagten ist offiziell kein «Mörder». Es könne nicht bewiesen werden, dass er den Mord in Auftrag gegeben habe. Der genaue Tathergang bleibt unklar.

Anstiftung zur Nötigung statt Mord, eine bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen statt 15 Jahre Freiheitsstrafe: Einer der beiden Beschuldigten im Werkstattmord von Gränichen ist am Donnerstag vom Aargauer Obergericht vom Mordvorwurf entlastet worden.

Gebäude Obergericht
Legende: Das Aargauer Obergericht musste erneut über den Werkstattmord von Gränichen befinden. Keystone

Für den anderen bleibt es auch nach der zweiten Instanz bei 15 Jahren wegen Mordes. Klar ist: Am Abend des 7. Oktober 2012 wurde in einer Mechaniker-Werkstatt in Gränichen ein 31-jähriger Mann mit zwei Schüssen getötet. Anwesend waren die beiden Beschuldigten, der heute 52-jährige Schweizer und Werkstattbesitzer, sowie ein heute 45-jähriger Bosnier. Das Opfer war ein gemeinsamer Bekannter.

Was genau geschah, ist bis heute nicht klar. Das räumte auch der Gerichtsvorsitzende ein. Das Bezirksgericht Aarau hatte im Dezember 2014 beide Männer des Mordes schuldig gesprochen und zu Freiheitsstrafen von je 15 Jahren verurteilt. Der Schweizer habe den Tötungsauftrag erteilt, geplant und finanziert, der Bosnier sei der Ausführende gewesen. Gegen das Urteil legten die beiden Berufung ein - die sich für den Schweizer nun gelohnt hat.

Mordauftrag kann nicht nachgewiesen werden

Das Obergericht als zweite Instanz kippte das erstinstanzliche Urteil in seinem Fall. Es sei nichts rechtsgenügend nachzuweisen, dass er dem Bosnier den Auftrag gegeben habe, den 31-Jährigen zu töten. So sagte es der Gerichtsvorsitzende in der mündlichen Urteilsbegründung. Er habe verlangt, ihm «eine Abreibung» zu erteilen, damit er seine ständigen Geldforderungen einstelle.

«Eine Abreibung» bedeute zwar mehr als bloss Worte. Sie umfasse durchaus auch Gewalt - aber keine Tötung. Für einen Tötungsauftrag sei kein Motiv erstellt, ebenso wenig dafür, dass der Beschuldigte den 31-Jährigen für die Tötung in die Werkstatt gelockt habe. Dass der Mitbeschuldigte dann geschossen habe, sei ohne Willen des 52-Jährigen geschehen. Das Ganze sei «aus dem Ruder gelaufen».

Als Strafmass erachtete das Obergericht eine bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen als angemessen. Die Höhe der Tagessätze ist noch nicht bestimmt. Sie richtet sich jeweils nach den finanziellen Verhältnissen eines Verurteilten.

Verletztes Opfer skrupellos niedergestreckt

Anders im Fall des Bosniers, der das Urteil ans Bundesgericht weiterziehen kann. Zwar sei auch in Bezug auf seine Handlungen nicht jedes Detail geklärt, sagte der Gerichtsvorsitzende. Für das Gericht stehe aber fest, dass er an jenem Oktoberabend den 31-Jährigen erschossen habe. Und zwar besonders skrupellos, indem er den Verletzten verfolgt und mit einem zweiten Schuss «niedergestreckt» habe.

Er sei des Mordes schuldig und mit 15 Jahren Freiheitsentzug zu bestrafen, wie es das Bezirksgericht schon entschieden hatte. Bereits seit Mitte Oktober 2012 sitzt er in Haft. Er hat den Hinterbliebenen des Opfers zudem Genugtuungszahlungen von 50'000 Franken zu entrichten. Diese Verpflichtung entfällt nun für den Schweizer. Dieser war nach rund acht Monaten Untersuchungshaft entlassen worden. Er lebt mittlerweile mit der ehemaligen Frau des Opfers und deren Kindern zusammen.

Im Laufe des Tages hatten die beiden Beschuldigten ihre Unschuld beteuert und sich gegenseitig beschuldigt. Die Verteidiger hatten in ihren Plädoyers das erstinstanzliche Urteil als «krasses Fehlurteil» mit zahlreichen Mängeln und Fehlern angeprangert. Die Staatsanwältin ihrerseits konterte, die Verteidiger betrieben «Wortklauberei und irrelevante Schelte.»

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