Auf dem Marktplatz in Zürich Oerlikon bringen Gemüsehändler Karotten und Nüsslisalat an die Kundinnen – die politischen Parteien ihre Ideen. In der heissen Phase des Wahlkampfs sind alle auf Stimmenfang, so auch Stephan Iten. Der 43-Jährige hat eine fast unlösbare Mission gefasst: Die SVP zurückbringen in die Zürcher Stadtregierung – nach 32 Jahren. Er ist einer von zwei Kandidaten, die für die SVP zu den Stadtratswahlen antreten.
«Sind Sie von der SVP», fragt eine Frau. «Ja», antwortet Iten. «Nein danke», sagt die Frau und geht zügig weiter. Zürich ist ein hartes Pflaster für SVP-Kandidaten. Noch einmal schwieriger ist die Ausgangslage für Stephan Iten, seit die SVP national gegen die linken «Schmarotzer-Städte» Stimmung macht. «Luxus-Linke, Bevormundungs-Grüne, urbane Schmarotzer». Das sind Schlagworte aus dem Positionspapier der Volkspartei. Das helfe ihm kaum. Doch dass ihn diese Diskussion viele Stimmen koste, glaubt Iten nicht: «Das ist überhaupt kein Thema. Das wird nicht angesprochen.»
Dieser sogenannte Stadt-Land-Graben ist eine Nebensächlichkeit.
Auch die Stadtzürcher SVP selbst macht es nicht gross zum Thema. Auf den Plakaten hier auf dem Marktplatz in Oerlikon steht: «Sicherheit und Freiheit!» Den Stadt-Land-Graben, der national aufgerissen wurde, stellt die SVP nicht ins Zentrum. Es sei ja auch nur eines von vielen Themen im Wahlkampf, sagt Nationalrat Mauro Tuena, Präsident der Stadtzürcher SVP. «Dieser sogenannte Stadt-Land-Graben ist eine Nebensächlichkeit.»
Tuena fügt aber an, dass die Kommunikation nach der 1. August-Rede von SVP-Präsident Marco Chiesa nicht optimal abgelaufen sei. «Mittlerweile haben wir aber klar aufgezeigt, was die Problematik ist.» Die Kritik richte sich gegen die links-grün dominierte Politik in den Schweizer Städten – nicht gegen die Bevölkerung, so Tuena.
«Ihr seid alle dumm, wählt mich trotzdem»
Ob diese Unterscheidung bei den Städterinnen und Städtern ankomme, bezweifelt Severin Pflüger, er präsidiert die Stadtzürcher FDP. Man könne nicht hingehen und sagen: «Ihr seid alle dumm, wählt mich trotzdem.» Ausserdem sei es schade, dass die SVP aus allen Städterinnen und Städtern Linke mache. Diesen Schwierigkeiten zum Trotz versucht Stephan Iten das fast Unmögliche – den Sprung als SVP-Kandidat in die Zürcher Stadtregierung.
Beklagen über die nationale Kampagne gegen die links-grünen «Schmarotzer-Städte» mag er sich nicht: «Unsere Wähler sehen das Problem genauso wie wir. Sie werden das dementsprechend auch so an der Urne zeigen.» Wie es die Wählerinnen und Wähler ausserhalb der SVP sehen, wie sich diese Debatte im Wahlergebnis niederschlägt, zeigt sich bei den Wahlen am 13. Februar.