Der Standplatz Buech im Westen von Bern ist das Winterquartier für die Fahrenden in der Bundesstadt. 37 Familien mit gut 20 schulpflichtigen Kindern überwintern dort. In dieser Zeit müssen diese Kinder auch in eine städtische Volksschule. Daran ist das Recht auf einen Standplatz geknüpft.
Er gehe gern zur Schule, sagt der 12-jährige Jakob Winter. Einzig die Sprüche der Mitschüler nervten zuweilen. Wenn sie ihn hänselten, er schwänze, weil er im Sommer nicht den Unterricht besuche. Sein Vater ist selber nie in die Schule gegangen. Er kann weder lesen noch schreiben. «Ich bin froh, wenn mir mein Sohn eine Quittung schreiben kann für die geschliffenen Messer», sagt der 38-Jährige Fino Winter. Vier Kinder hat die Familie, zwei sind noch schulpflichtig.
Spezialförderung statt Bussen
Doch nicht alle Familien schicken ihre Kinder regelmässig in den Unterricht. In der Vergangenheit hat man versucht, diese Eltern mit Sanktionen in die Pflicht zu nehmen. Ohne Erfolg. Nun reagiert die Stadt Bern. Sie lanciert ein Spezialprogramm für die Kinder der Fahrenden. 8 bis 12 Lektionen werden sie künftig separat von der Klasse unterrichtet von zwei Lehrkräften, die extra dafür angestellt werden.
Den gleichen Bildungsstand wie bei den sesshaften Kindern dürfe man dennoch nicht erwarten, sagt Irene Hänsenberger. Sie leitet das Schulamt der Stadt Bern. Ziel sei es aber, dass «die Kinder so rechnen, lesen und schreiben können, dass sie ein selbständiges Leben führen können».
Die Schule ist für viele Fahrende nach wie vor ein rotes Tuch. «Viele Eltern haben Angst, ihre Kinder aus den Augen zu lassen», sagt Fino Winter. Die Erinnerungen an die Aktion Kinder der Landstrasse seien noch zu präsent. Bis Anfang der 1970er Jahre hatte die Pro Juventute Fahrende Kinder ihren Familien weggenommen und in Heime gesteckt.