Zum Inhalt springen

International Annette Schavan tritt nach Plagiats-Affäre zurück

Also doch: Die deutsche Bildungsministerin Annette Schavan zieht sich aus ihrem Amt zurück. Dies, nachdem ihr die Universität Düsseldorf den Doktortitel entzogen hatte. Ihre Nachfolgerin heisst Johanna Wanka. Sie war bisher niedersächsische Wissenschaftsministerin.

«Ich habe den Rücktritt sehr schweren Herzens angenommen», sagte Kanzlerin Angela Merkel vor den Medien. Ihre Bildungsministerin wirft nach einigem Überlegen das Handtuch und zieht aus den Plagiatsvorwürfen die Konsequenzen.

Schavan distanziert sich

Die Plagiats-Vorwürfe träfen sie tief, sagte Schavan. Sie werde die Aberkennung ihrer Doktorwürde nicht akzeptieren und dagegen klagen. «Ich habe in meiner Dissertation weder abgeschrieben noch getäuscht», betonte sie.

Und doch zieht sie sich nun zurück, nach 17 Jahren als Landes- und Bundesministerin.

Wenn eine Forschungsministerin gegen eine Universität klagt, «dann ist das mit Belastungen verbunden», gibt sie zu. Das gilt für alle Beteiligten, nicht zuletzt auch die Bundesregierung und mit ihr Bundeskanzlerin Merkel. «Und genau das möchte ich vermeiden», sagt sie.

Merkel würdigte Schavan

Merkel bescheinigte Schavan ausserordentliche Leistungen in ihrem Ministeramt, nennt sie «die anerkannteste und profilierteste Bildungspolitikerin unseres Landes.»

Schavan, so Merkel, stelle in dieser Stunde ihr eigenes persönliches Schicksal hinter das Gemeinwohl. Diese Haltung mache Schavan aus. «Ich danke ihr von ganzem Herzen.» Die 57jährige Schavan gilt als enge Vertraute Merkels. Sie war eine wichtige Beraterin der Kanzlerin.

Deutsche sehen Schaden für Merkel

Der Vorfall schade Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Union. So sieht es eine Mehrheit der Deutschen gemäss einer Umfrage.

Wie die «Bild am Sonntag» laut Vorabbericht meldete, sehen 62 Prozent der Bundesbürger nach einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid einen Nachteil für Partei und Kanzlerin. 31 Prozent der Befragten erkannten keinen Schaden. Emnid befragte den Angaben nach 505 Bürger am vergangenen Donnerstag.

Seehofer: «bedauerlich und tragisch»

Derweil bezeichnete der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer den Rücktritt von Schavan als «bedauerlich und tragisch». Schavan sei «eine vorzügliche Ministerin auf diesem Feld» gewesen, sagte Seehofer der «Passauer Neuen Presse».

 

«Wenn sie ein anderes Ministerium geführt hätte, bei dem sie nicht jeden Tag mit Hochschulen und Universitäten zu tun gehabt hätte, dann hätte ich geraten, im Amt zu bleiben», sagte er. Seehofer sagte weiter, die Universität Düsseldorf hätte in dem Verfahren «mehr Fairness» walten lassen müssen.

Johanna Wanka übernimmt

Merkel gab vor den Medien sogleich die Nachfolgerin Schavans bekannt: Die bisherige niedersächsische Wissenschaftsministerin Johanna Wanka wird sie beerben.

Die promovierte ostdeutsche Mathematikerin Wanka gilt als konservativ, aber pragmatisch. In der Wissenschaftspolitik hat sie jedoch bisher wenige Spuren hinterlassen.

Schwierige Ausgangslage

Künftig muss Wanka wohl einen Spagat zwischen ihrer alten Position als Landesministerin und ihrer neuen Funktion in der Bundesregierung vollziehen. Die Länder fordern mehr Geld für die Universitäten. Mehr Mittel hat aber Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in seiner Planung nicht vorgesehen.

Wanka wird also kämpfen müssen – nicht nur mit dem Bundesfinanzminister, sondern auch mit ihren ehemaligen Amtskollegen aus den Ländern.

Meistgelesene Artikel