Das Wichtigste in Kürze
- Vieles, was heute geschieht, erinnere an die Zeit nach dem grossen Crash 1929, sagt Ngaire Woods.
- Die ehemalige IWF-Beraterin ist Gründerin und Dekanin der Blavatnik School of Government in Oxford, die Regierungen berät. Sie blickt besorgt auf den Aufstieg der Populisten rund um den Globus.
- Woods zieht aus der Entwicklung von damals drei Lehren für die heutige Zeit.
Populisten haben Aufwind: Das gilt nicht nur in Europa, sondern auch in den USA, in Indonesien, auf den Philippinen oder in Brasilien. «Das haben wir so schon einmal gesehen», sagt Ngaire Woods besorgt. Auch damals – in den 1930er-Jahren – sei diesem Erstarken der Populisten eine Finanzkrise vorangegangen. Und das sei kein Zufall, sagt die Ökonomin mit neuseeländischen Wurzeln und verweist auf eine Studie von deutschen Forschern.
Was geht kaputt in der Krise?
Doch was genau geht kaputt in der Krise? Was führt dazu, dass Menschen nachher vermehrt Populisten wählen, die bestehende Institutionen angreifen? Die ehemalige IWF- und UNO-Beraterin zieht drei Lehren.
Erstens: Die etablierten Polit-Parteien und Politiker hätten sich zu weit von der Bevölkerung entfernt, sie würden die breite Wählerschaft nicht repräsentieren, eine andere Sprache sprechen und die Alltagssorgen nicht kennen. Anders die Populisten: Diese würden dieselbe Sprache sprechen und bewegten sich ähnlich wie viele Wähler.
Eine Frage der Sprache
Die zweite Lehre, die Ngaire Woods aus den letzten Finanzkrisen zieht, zielt ebenfalls auf die Sprache. Populisten verpackten komplexe Sachverhalte in simple Sätze, so Woods. Deshalb müsse das Establishment seine Sprache schleunigst anpassen – und klar und verständlich kommunizieren.
Die dritte Lehre der Polit-Beraterin mag überraschen: Etablierte Politiker müssten lernen, in ihren Reden mit der grossen Kelle anzurühren. Populisten würden oft Heilsversprechen abgeben, Veränderungen in Aussicht stellen und damit werben, Kontrolle zurückzuholen. Bei den Wählerinnen und Wählern komme das an. Denn gerade nach Finanzkrisen, wenn viele Angst hätten um ihre Arbeitsstelle, um ihr Haus und ihre Lebensgrundlage, gerade in dieser Zeit existenzieller Ängste genüge es vielen Menschen nicht, wenn Politiker kleine Justierungen ihres politischen Kurses präsentierten. Dann bräuchten sie glaubhaft Visionen – Heilbringer-Rhetorik, sagt die Professorin.
Kurz: Wenn etablierte Parteien wieder Oberhand gewinnen wollen rund um den Globus, dann müssen sie stärker auf den Bauch und das Herz ihrer Wählerschaft zielen – weniger auf den Kopf.