- Der Antrittsbesuch des neuen polnischen Regierungschefs in Deutschland hätte das angespannte Verhältnis zwischen den beiden Ländern entkrampfen sollen.
- Zwar vermieden Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und Bundeskanzlerin Angela Merkel die offene Konfrontation. Aber der Streit ist damit nicht beigelegt.
- Merkel sprach von nach dem Besuch von «ernsthaften Meinungsunterschieden».
Es war mehr als ein Höflichkeitsbesuch. Morawiecki traf nicht nur Kanzlerin Merkel, er gab auch mehrere Interviews und trat auf einem Podium auf.
Wie es um seine Aufgabe stehe, die Beziehungen mit der EU wieder in Ordnung zu bringen, wollte die Moderatorin da von ihm wissen. «Eine schwierige Aufgabe, aber keine unmögliche», sagte der polnische Premier. Man sei auf gutem Weg.
Polens Positionen verteidigt
Das war übertrieben. Der polnische Premier war zwar umgänglich, stellte sich Fragen und suchte Erklärungen, doch so freundlich sein Ton, so hart seine Positionen.
Morawiecki warnte vor den politischen Folgen der geplanten zweiten Gaspipeline von Russland durch die Ostsee direkt nach Deutschland. Das ist aus osteuropäischer Sicht verständlich.
Beharren auf Justizreform
Besorgniserrgender ist, dass er an der gefährlichen Justizreform festhalten will. Für Nicht-Polen sei die eben schwer zu verstehen, sagte er. Damit beleidigte er die EU-Experten, die sich seit zwei Jahren mit diesem Dossier beschäftigen und haargenau wissen, wie schlecht es um den polnischen Rechtsstaat steht. Allein mit Erklärungen, wie er sie in Aussicht stellte, wird dieses Problem nicht zu lösen sein.
Sogar an der Forderung nach deutschen Reparationszahlungen für die Zerstörung Polens durch die Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg hielt Morawiecki in einem Interview fest.
Einig über Uneinigkeit
Merkel sprach nach dem Treffen von «ernsthaften Meinungsunterschieden». Für die Kanzlerin sind das sehr deutliche Worte. Aber immerhin hat man miteinander gesprochen.
Das ist ein Fortschritt, auch wenn man vorerst nur herausgefunden hat, wie weit die Standpunkte noch auseinander liegen. Auf gutem Weg ist man noch nicht, aber vielleicht am Anfang eines gemeinsamen Weges.