Auch dieses internationale Gipfeltreffen wird von der Lage in der Ukraine beeinflusst. Das zeige sich daran, wie pragmatisch die Themen in Den Haag ausgewählt worden seien, sagt Fredy Gsteiger, diplomatischer Korrespondent von SRF. Um Abrüstung im eigentlichen Sinne gehe es nämlich nicht: Im Zentrum steht die Frage, wie verhindert werden kann, dass radioaktives Material freigesetzt wird.
Zu den Teilnehmern gehören unter anderem der chinesische Präsident Xi Jinping, Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye und Japans Regierungschef Shinzo Abe. Russland ist durch Aussenminister Sergej Lawrow vertreten.
Zwei Arten von Bedrohungen
Laut Gsteiger gib es zwei Arten von Bedrohungen: Zum einen könnte radioaktives Material aus Krankenhäusern, von einer Universität oder aus einem Forschungsreaktor durch einen Zwischenfall freigesetzt werden. Zum anderen könnte radioaktives Material in die Hände von Terroristen gelangen.
«Man kann nicht davon ausgehen, dass es sich um eine fixfertige Bombe handelt, aber es könnte Material sein, aus dem sich eine schmutzige Bombe basteln lässt», sagt Gsteiger. Dies sei umso bedrohlicher, als Terroristen weniger Skrupel haben, eine schmutzige Bombe einzusetzen als etwa Staaten eine Atombombe.
Ukraine wollte keine Atomwaffen
Weltweit haben etwa zehn Länder seit dem letzten Gipfel von 2010 Verträge ratifiziert. Diese sehen Mindeststandards und Kontrollen vor. Einige Länder haben auch nukleares Material zurückgeben, unter anderem die Ukraine.
Schon 1994 lehnte die Ukraine die Übernahme der sowjetischen Atomwaffenbasis ab. Im Gegenzug garantierten die USA, Grossbritannien und Russland dem Staat territoriale Einheit. Dieses Memorandum – eine rechtlich nicht bindende Absichtserklärung – hat Russland nun einseitig gebrochen.
Bestimmt gebe es nun in der Ukraine Menschen, die sich fragen, ob es nicht schlauer gewesen wäre, die Atomwaffen zu behalten, sagt Gsteiger. «Denn damit hätte die Ukraine ein gewisses Drohpotenzial behalten.» Diese Diskussion werde auch auf andere Länder überschwappen.
Entsprechend werde es in Zukunft noch schwieriger werden, Länder wie Israel oder Nordkorea zum definiten Verzicht auf Atomwaffen zu bewegen: «Sicherheitsgarantien werden mit dem Verweis auf die Ukraine nichts mehr wert sein.»