Worum geht es? Das britische Parlament hat nach stundenlanger Debatte einem Gesetzentwurf zur Legalisierung der Sterbehilfe zugestimmt. Damit ist der Weg frei für eine monatelange Debatte über ein Thema, das das Land gespalten und Fragen über den Standard der Palliativmedizin aufgeworfen hat. 330 Abgeordnete votierten für die Gesetzesvorlage, 275 waren dagegen. Das Gesetz muss in den nächsten Monaten noch zweimal durchs Unterhaus sowie durchs Oberhaus.
Wer soll das Recht auf Sterbehilfe in Anspruch nehmen können? Der Gesetzesentwurf will Menschen, die weniger als sechs Monate zu leben haben, einen assistierten Suizid in England und Wales erlauben, sofern Ärzte und Richter zustimmen. Bisher gilt Beihilfe zum Suizid als Straftat, die mit bis zu 14 Jahren Haft bestraft werden kann. Der Entwurf markiert die erste bedeutende Parlamentsdebatte zu diesem Thema seit Jahren.
Wie steht die britische Bevölkerung zur legalen Sterbehilfe? Laut Umfrage unterstützen zwei Drittel oder gar drei Viertel der Britinnen und Briten eine Legalisierung der Sterbehilfe. Viele Menschen sehen darin eine Möglichkeit, dass Todkranke auch ihr Lebensende in Würde und Autonomie bestimmten können.
Warum spaltet das Thema das Parlament? Im Gegensatz zur Bevölkerung ist das Unterhaus gespalten – wie am Abstimmungsergebnis sichtbar wird. Die Debatte sei geprägt von der Biografie und der Lebenserfahrung der Abgeordneten, sagt SRF-Grossbritannienkorrespondent Patrik Wülser – und weniger von der Parteizugehörigkeit. Dabei ist der Widerstand gegen eine Legalisierung der Sterbehilfe vor allem aus religiösen Kreisen besonders stark.
Wie wird gegen die legale Sterbehilfe argumentiert? Drei Argumente dominierten die Debatte:
- Druck auf Schwache: Behinderte und ältere Menschen könnten sich gezwungen fühlen, Sterbehilfe zu beanspruchen, um ihre Familie und den Staat zu entlasten.
- Rolle des Staates: Der Staat sollte seine Bürgerinnen und Bürger schützen, nicht töten.
- Grosse Tragweite: Solch ein Entscheid sollte nicht einfach an einem Tag aufgrund einer parlamentarischen Initiative gefällt werden. Gegner hatten eine seriösere Vorbereitung durch eine Ethik- und Justizkommission gefordert.
Wie positioniert sich die Regierung? Die Regierung und Premierminister Keir Starmer halten sich zurück. «Starmer hat die Debatte zwar begrüsst und seinen Abgeordneten Stimmfreigabe erteilt. Er verhält sich aber politisch feige, weil er sich in diesem gesellschaftspolitisch heiklen Thema nicht exponieren will», erläutert Wülser.
Wie geht es nun weiter? Die Gesetzesvorlage wird nun mit dem Oberhaus verhandelt. Die Regierung muss dann auch dazu Stellung nehmen und die praktischen Details erarbeiten. Und auch das Unterhaus wird sich nochmals dazu äussern. Das Ganze wird Monate dauern. Und bis zur Einführung des Gesetzes dürften sogar mehrere Jahre vergehen, sagt Korrespondent Wülser.