Es sei der schlechteste Vertrag aller Zeiten, wetterte Donald Trump über das Freihandelsabkommen Nafta, das die Handelsbeziehungen zwischen den USA, Kanada und Mexiko regelte. Als Präsident setzte er Verhandlungen für ein Nachfolge-Abkommen durch. Dieses liegt nun vor und wurde vergangene Woche vom US-Repräsentantenhaus angenommen. Nun wird sich der Senat damit befassen. SRF-USA-Korrespondent Matthias Kündig sagt, was an dem Vertrag neu ist.
SRF News: Wie unterscheidet sich der Vertrag vom Nafta-Abkommen?
Matthias Kündig: Zunächst einmal hat der Name geändert. Neu heisst der Vertrag USMCA (United-States-Mexico-Canada-Agreement, Anmerkung der Red.). Im Gegensatz zu Nafta ist er befristet und zwar auf 16 Jahre. Böse Zungen sagen, es sei viel alter Wein in neuen Schläuchen, denn 90 Prozent der Bestimmungen bleiben gleich.
Es ist ein Vertrag, den vor Trump niemals ein republikanischer Präsident unterschrieben hätte.
Welches sind die zehn Prozent der Bestimmungen, die geändert wurden?
Aus Sicht der USA ist wichtig, dass die US-Milchwirtschaft einen verbesserten Zugang zum kanadischen Markt erhält. Dann wird das Urheberrecht von 50 auf 70 Jahre ausgedehnt. Wichtig sind aber auch Normen und Bestimmungen zum Arbeiter- und Umweltschutz, vor allem für die Automobilindustrie. Künftig müssen für Autos und Lastwagen mehr Rohmaterialien aus Nordamerika verwendet werden und knapp die Hälfte der Herstellung eines Autos soll besser entlohnt werden, konkret mit einem Mindestlohn von 16 Dollar die Stunde.
Was ist die Absicht hinter diesen Bestimmungen für die Autobranche?
Die Importe von Autoteilen aus Deutschland und aus Asien sollen reduziert werden. Mit der neuen Bestimmung wird die einheimische Produktion in allen drei Ländern geschützt. Der Mindestlohn, der bei einem Teil der Herstellung gefordert wird, zielt gegen das Billiglohnland Mexiko und wurde von den USA gefordert. Denn die US-Autohersteller haben in den letzten Jahren immer grössere Teile ihrer Produktion nach Mexiko verlegt.
Trump muss den Vertrag als Erfolg feiern. Er hat die Latte selber hochgelegt und versucht sie jetzt wenigstens rhetorisch zu überwinden, könnte man sagen.
Deshalb musste Mexiko übrigens auf Druck der USA seine Mindestlöhne schon vor einem Jahr generell anheben. In der Grenzregion zu den USA gilt seither neu ein Mindestlohn von fast neun Dollar pro Stunde. Allerdings ist das immer noch viel tiefer als der Mindestlohn der in der US-Automobilbranche, der bei 22 Dollar liegt. Deshalb vermuten Handelsexperten, dass die neuen Bestimmungen kaum dazu führen werden, dass viele Arbeitsplätze von Mexiko in die USA zurückverlegt werden.
Dennoch feiert Trump den Vertrag als Erfolg. Zu Recht?
Er muss ihn als Erfolg feiern. Er hat die Latte selber hochgelegt und versucht sie jetzt wenigstens rhetorisch zu überwinden, könnte man sagen. Doch nach Einschätzung von US-Experten wird USMCA kaum Wachstumsimpulse bringen. Es ist ja der erste Freihandelsvertrag, der abgeschlossen wird, in dem der Marktzugang nicht generell vergrössert wird. Der Vertrag enthält viele Zugeständnisse an die Demokraten, die sonst die Zustimmung im Kongress verweigert hätten. Es ist ein Vertrag, den vor Trump niemals ein republikanischer Präsident unterschrieben hätte. Man könnte bösartig sagen, Präsident Trump hat damit ein Problem gelöst, das er selber geschaffen hat.
Wie kommt der neue Handelsvertrag denn in Mexiko an?
Es ist eine hochwillkommene positive Nachricht, dass der USMCA nächstes Jahr in Kraft treten kann. Die Änderungen im mexikanischen Arbeitsrecht und die Erhöhung der Mindestlöhne passen bestens ins Regierungsprogramm des Linkspopulisten López Obrador. Er schreibt sich das als eigenen Erfolg zu.
Das Gespräch führte Andrea Christen.