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International FBI untersucht WM-Vergabe: Fifa-News in Kürze

Nach der Bundesanwaltschaft nimmt nun auch das FBI die WM-Vergabe genauer unter die Lupe. Ein Blatter-Nachfolger soll in Zürich gewählt werden. Erste Kandidaten dafür bringen sich in Stellung. Die Ereignisse des Tages nach dem Paukenschlag bei der Fifa im Überblick.

+++ FBI untersucht WM-Vergabe

Die US-Bundespolizei FBI untersucht bei ihren Ermittlungen gegen die Fifa einem Insider zufolge auch die WM-Vergabe an Russland und Katar. Die Nachforschungen gingen über das Korruptionsverfahren hinaus, in dessen Rahmen in der vergangenen Woche mehrere hochrangige Fifa-Funktionäre angeklagt worden seien, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus US-Ermittlerkreisen.

Mit der Vergabe der WM 2018 und 2022 beschäftigt sich schon seit letztem Mittwoch die Bundesanwaltschaft (BA) der Schweiz. Das Strafverfahren wegen des Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung sowie des Verdachts der Geldwäscherei geht auf eine Anzeige der Fifa vom vergangenen November zurück.

Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft wollte die jüngste Entwicklung nicht kommentieren. «Zu hängigen Strafverfahren, insbesondere zu ausländischen Rechtshilfeverfahren, kann die BA keine Auskunft geben, sagt BA-Sprecher André Marty zu SRF News.

+++ WM-Gastgeber Katar bleibt gelassen

Katar hat erstmals auf die überraschende Rücktrittsankündigung von Sepp Blatter reagiert: «Die jüngsten Geschehnisse bei der Fifa haben keinerlei Einfluss auf unsere Vorbereitungen für die WM 2022», hiess es in einem Statement. Auf den Gegenwind aus grossen Teilen der Fussball-Welt reagiert das WM-OK gelassen: «Katar war von Beginn an mit Kritik konfrontiert. Wir sind weiterhin entschlossen, die WM als eine Plattform zu nutzen, um Vorurteile und falsche Wahrnehmungen abzubauen und unserem Land sowie der gesamten Region ein dauerhaftes Erbe zu hinterlassen.»

+++ Fifa-Angestellte in Zürich bangen um Jobs

Die Stimmung am Fifa-Hauptsitz in Zürich ist bedrückt. Im Interview mit «Schweiz aktuell» spricht Fifa-Mediendirektor Walter de Gregorio über die emotionale Rede von Sepp Blatter vor Hunderten Fifa-Mitarbeitern im Auditorium. Vor seiner Ansprache habe es für Blatter eine zehn Minuten lange Standing Ovation gegeben. «Er war sichtlich berührt, er musste sich kurz sammeln», sagt de Gregorio.

Der angekündigte Rücktritt verunsichert die 450 Angestellten am Hauptsitz in Zürich. «Ein gewissen Unbehagen ist natürlich da. Man weiss nicht, was alles noch passiert. Das FBI ist natürlich unangenehm», sagt etwa Fifa-Mitarbeiter Emanuel Femminis. De Gregorio relativiert: «Die Mitarbeiter müssen nicht um ihren Job fürchten, das gilt allerdings nicht für das Top-Management.»

+++ Neuwahl findet in Zürich statt

Der Ausserordentliche Kongress des Fussball-Weltverbandes für die Wahl eines Nachfolgers von Joseph Blatter soll am Fifa-Sitz in Zürich stattfinden. Das sagte eine Verbandssprecherin. Die Wahl soll zwischen Dezember 2015 und März 2016 stattfinden.

+++ Spekulationen über Nachfolgekandidaten schiessen ins Kraut

+++ EU-Kommissar erwägt Einmischung in Fifa-Reformen

Die Europäische Kommission scheint trotz des Blatter-Rücktritts wenig Vertrauen in die Selbstreinigungskräfte der Fifa zu haben. Der für Sport zuständige Kommissar Tibor Navracsics schloss in Brüssel eine aktive Einschaltung der Exekutive der Europäischen Union jedenfalls nicht aus.

Tibor Navracsics
Legende: «Totalverlust an Vertrauen in die Fifa»: EU-Sportkommissar Tibor Navracsics. Keystone

«Ich beginne zu überlegen, wie die Kommission und weiterreichende Massnahmen auf Ebene der Europäischen Union eine Rolle beim fundamentalen Wandel der Fifa spielen können», sagte der Ungar.

Die Gedankenspiele des 48-Jährigen stehen im völligen Gegensatz zur bisher von der Politik der westlichen Welt respektierten Autonomie des Sports.

+++ Blatter bleibt vorerst in der Schweiz

Der scheidende Fifa-Chef Sepp Blatter verlässt die Schweiz vorerst nicht mehr. Blatter werde angesichts der unübersichtlichen Situation wie das gesamte übrige Top-Management des Weltverbandes mindestens während der nächsten zehn Tage in Zürich arbeiten, sagte Kommunikationsdirektor Walter De Gregorio: «Das ist in einer solchen Lage nichts als normal.»

Diese Mitteilung folgt auf unbestätigte Meldungen aus den USA, wonach das FBI auch gegen Sepp Blatter ermittelt . Damit habe Blatters Verzicht auf Auslandreisen jedoch nichts zu tun, so De Gregorio.

Es gehe einzig darum, nun die Kräfte zu bündeln, um auf alle möglichen Entwicklungen reagieren zu können und möglichst kurze Entscheidungswege zu haben. Damit steht fest, dass niemand aus der Führungsetage der Fifa zur Eröffnung der Frauen-Weltmeisterschaft nach Kanada reist. Sie beginnt diesen Samstag.

+++ Sepp Blatter zurück auf dem Zürichberg

Kameras und Journalisten vor dem Eingang des Fifa-Hauptquartiers auf dem Zürichberg.
Legende: Kein Zutritt für die Journalisten und Kamerateams aus dem In- und Ausland. Keystone

Am Tag nach seiner Rücktrittsankündigung hat der Fifa-Präsident am Morgen seine Arbeit am Hauptsitz in Zürich wieder aufgenommen. Dort sollen ihn die Fifa-Mitarbeiter mit freundlichem Applaus empfangen haben.

Internationale TV-Teams und dutzende Journalisten belagern das Gebäude Zürichberg seit dem frühen Morgen, der Zutritt bleibt ihnen bisher jedoch verwehrt.

+++ Ehemalige Spitzenfunktionäre auf Interpol-Liste

Fotos von sechs Männern mit Beschriftung.
Legende: Interpol unterstützt die USA im Fifa-Auslieferungsverfahren. Interpol

Die internationale Polizeibehörde teilt mit, der US-Justiz im Auslieferungsverfahren gegen frühere Fifa-Spitzenfunktionäre Amtshilfe zu leisten. Interpol bittet seine Mitgliedsstaaten mit einer sogenannten roten Ausschreibung sechs Personen ausfindig zu machen und festzusetzen, damit sie ausgeliefert werden können.

Auf der Liste stehen auch der frühere Fifa-Vizepräsident Jack Warner und der Paraguayer Nicolás Leoz, ehemaliges Mitglied des Exekutivkomitees. Zudem zwei Sportmarketing-Manager aus Argentinien sowie ein brasilianischer Manager, der illegale Zahlungen vermittelt haben soll.

+++ Finden die Weltmeisterschaften in Russland und Katar statt?

Die Stimmen, die sich kritisch zur Durchführung der WM-Endrunden 2018 und 2022 äussern, werden seit Blatters Rücktritt hörbar lauter. «Wäre ich anstelle der Organisatoren aus Katar, würde ich heute Nacht nicht sehr gut schlafen», sagte beispielsweise Englands Verbandspräsident Greg Dyke. Über die umstrittene Vergabe könne allenfalls neu abgestimmt werden.

Greg Dyke
Legende: Englands Verbandspräsident Greg Dyke spricht bereits von einer möglichen Neuvergabe der Endrunden 2028 und 2022. Reuters

«Wenn bei den WM-Vergaben Schmiergelder geflossen sind, müssen die Entscheidungen komplett neu überdacht werden», sagt Deutschlands Justizminister Heiko Maas in der «Bild».

Die Börse in Katar reagierte heftig auf Blatters Rücktrittsankündigung. Zum Handelsbeginn gab der Leitindex am Mittwoch um 3,2 Prozent nach und fiel um 400 auf 11'800 Punkte, bevor er sich wieder erholte.

Russland und Katar wollen die Turniere wie geplant austragen. Der Verbandschef Katars, Scheich Hamad Bin Khalifa Bin Ahmed Al-Thani, wies Kritik zurück. Russland treibt nach Angaben der Regierung die Vorbereitungen für die Weltmeisterschaft 2018 nach dem Rücktritt Blatters weiter voran.

+++ Südafrika bestreitet Kauf der WM 2010

Südafrikas Sportminister Fikile Mbalula äussert sich zu den Korruptions-Vorwürfen der US-Justiz gegen den Ausrichter der WM 2010. Laut Anklageschrift sollen 10 Millionen Dollar geflossen sein , damit zwei bis drei Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees für eine WM in Südafrika stimmten.

«Die Südafrikanische Regierung und das lokale Organisationskomitee hat nichts dafür bezahlt, um den Zuschlag als Austragungsort für die Weltmeisterschaft zu erhalten», liess Mbalula verlauten. Sein Land werde mit den US-Behörden zusammenarbeiten und jede verfügbare Information nutzen, um die Vorwürfe auch in Südafrika zu untersuchen.

+++ US-Justizministerin bestätigt Ermittlungen gegen Blatter nicht

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Die in den Ermittlungen der US-Behörden gegen Fifa-Funktionäre stets bestens informierte «New York Times» berichtet heute von FBI-Ermittlungen gegen Sepp Blatter. Diese sollen laut dem Fernsehsender ABC derart brisant sein, dass sie der eigentliche Rücktrittsgrund sein könnten. Eine Bestätigung der US-Behörden fehlt jedoch.

Justizministerin Loretta Lynch verwies auf das laufende Verfahren: «Es ist ein offener Fall, und deshalb werden wir nun durch die Gerichte sprechen», sagte sie nach einem Treffen mit europäischen Amtskollegen in Riga.

Auch haben die US-Behörden die Schweiz bislang nicht um Hilfe bei etwaigen Ermittlungen gegen Fifa-Präsident Joseph Blatter gebeten. «Er ist nicht Gegenstand

der Ersuchen aus den USA», sagte ein Sprecher des Bundesamts für Justiz. Auch riskiert Blatter keine Auslieferung an die USA, denn die Schweiz darf ihre Bürger nicht an andere Staaten ausliefern.

+++ Uefa sagt Krisengipfel in Berlin ab

Nach den Verhaftungen von Zürich hatte der europäische Kontinentalverband Uefa für kommendes Wochenende am Rande des Champions-League-Finales einen Krisengipfel in Berlin geplant. Diesen sagte Präsident Michel Platini heute Mittwoch ab.

Da täglich neue Informationen ans Tageslicht kommen würden, sei es klüger, sich Zeit zu nehmen, um die Situation besser einzuschätzen, um dann gemeinsam Position zu beziehen, sagte Platini. «In den nächsten Wochen wird es weitere Gelegenheiten geben, sich zu treffen – und hoffentlich wird sich die Angelegenheit bis dahin erhellen.»

+++ Frohlocken im Blätterwald weltweit

«Blatter konnte nicht mehr ignorieren, was um ihn herum geschah und war dabei möglicherweise gar eine der Hauptfiguren.» Was die französische Zeitung «L'Express» formulierte, bringt die Tonlage der heute früh erschienen Zeitungen in In-und Ausland auf den Punkt.

Allenthalben wird die Rücktrittsankündigung des Fifa-Präsidenten als Triumph gefeiert. Mitleid kriegt Sepp Blatter von den internationalen Medien keines.

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