Fast vier Jahre später als geplant haben die Haitianer ein neues Parlament gewählt. Dabei lief nicht alles rund. In mehreren Wahllokalen kam es zu gewaltsamen Zwischenfällen; laut der Polizei wurden 26 Lokale geschlossen. Drei davon waren verwüstet worden, drei wurden in Brand gesteckt. Auch die voraussichtliche Wahlbeteiligung fällt mit voraussichtlich 15 Prozent sehr tief aus.
Zudem öffneten viele Wahllokale mit Verspätung. In Haiti hat jeder Kandidat das Recht, Beobachter in die Wahllokale seines Wahlkreises zu entsenden. Angesichts der Vielzahl der Kandidaten gab es allerdings vielerorts nicht genügend Platz für die Beobachter und daher Streit um die Ablösung der jeweiligen Beobachter. Wegen der Verzögerungen blieben einige Wahllokale ausnahmsweise länger geöffnet. Der Sprecher der Wahlkommission, Richardson Dumel, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Verzögerungen zu Beginn der Wahl würden im Laufe des Tages aufgeholt.
Wahlbeobachter finden lobende Worte
Den Widrigkeiten zum Trotz zog die EU-Wahlbeobachtermission eine überwiegend positive Bilanz. «Auch wenn es Zwischenfälle in einigen Wahllokalen gab, korrigieren die Probleme sich», sagte die Chefin der EU-Wahlbeobachtermission, Elena Valenciano. Das Europaparlament erklärte mit Blick auf die voraussichtlich extrem niedrige Wahlbeteiligung, nötig sei «ein Appell an die Haitianer, ihr Wahlrecht auszuüben», um die Zukunft ihres Landes zu bestimmen.
Wegen eines tiefen Zerwürfnis zwischen Haitis Staatschef Michel Martelly und der Opposition wurden seit 2011 keine Wahlen mehr abgehalten. Seit der Auflösung des Parlaments im Januar gab es keine Volksvertretung.
Fünf Morde während des Wahlkampfes
Schon der Wahlkampf war von Gewalt überschattet gewesen. Das Nationale Netzwerk für die Verteidigung der Menschenrechte (RNDDH) sprach von einem «Klima des Terrors» und listete in einem Bericht die schlimmsten Vorfälle auf. Darunter waren neun bewaffnete Zusammenstösse, fünf Morde und zwei versuchte Morde.
Haitis Wahlgesetz sieht vor, dass niemand Teilergebnisse von Wahlen publik machen darf, bevor nicht die Wahldokumente überprüft wurden und die Wahlkommission die Ergebnisse veröffentlicht hat. Erste Ergebnisse der Parlamentswahl werden demnach erst am 19. August bekanntgegeben, die Endergebnisse sollen am 8. September vorliegen.