In der Diplomatie kommt es auf Äusserlichkeiten an. So ist bemerkenswert, dass der US-Präsident kürzlich zwei Tage lang mit seinem chinesischen Amtskollegen zusammensass. Offenbar hatten die beiden wirklich etwas zu diskutieren.
Anders beim zuvor gross angekündigten ersten Treffen seit langem von Barack Obama mit Wladimir Putin. Dieses schrumpfte beim G8-Gipfel in Enniskillen auf eine kurze Begegnung zusammen – gequetscht zwischen eine Sitzung zum Freihandel und dem Abendessen. Ganz offenkundig hat man sich nicht allzu viel zu sagen.
Breiter Graben in der Syrienfrage
Oder, wie es Ruslan Pukhov vom Moskauer Zentrum für Strategieanalysen ausdrückt: Ganz so schlecht wie zu Zeiten des Kalten Krieges sei das Verhältnis der beiden Mächte zwar nicht. Aber auch nicht viel besser. Wenigstens wolle man einander nicht mehr umbringen, so Pukhov.
Am breitesten ist der Graben beim Syrienkonflikt. Vor seinem Treffen mit Putin machte Obama klar, dass der Druck auf das Assad-Regime erhöht werden müsse – auch mit Waffenlieferungen an die Rebellen. Und: Assad müsse weg.
Putin wiederum wirbt für eine Friedenskonferenz. Zudem wirft er dem Westen vor, in Syrien blutrünstige Kannibalen zu unterstützen. «Sind das die Leute, die westliche Werte hochhalten?», fragte er sarkastisch. Ausserdem: Die Durchsetzung von Flugverbots- oder Schutzzonen in Syrien werde sein Land nicht zulassen.
Beide Präsidenten machten über ihre Entourage deutlich: Selbst ein minimales Einlenken, das für eine erfolgreiche Syrien-Konferenz nötig wäre, ist nicht vorgesehen. Die Amerikaner wollen nicht darauf verzichten, die Oppositionellen aufzurüsten. Die Russen wollen ihre Rüstungshilfe für Assad nicht stoppen.
«Was dem Westen schadet, nützt Russland»
Doch das amerikanisch-russische Zerwürfnis beschränkt sich keineswegs auf Syrien. Auch anderswo bleiben tiefe Gräben. Weder ist eine vertrauensvollere Zusammenarbeit bei der Raketenabwehr realistisch. Noch kann der Amerikaner den Russen von seinem grossen Anliegen einer weitergehenden nuklearen Abrüstung überzeugen.
Strategieexperte Pukhov spricht von einer Sackgasse. Russland fühle sich militärisch unterlegen. Atomar abzurüsten, also genau dort, wo man den USA ebenbürtig sei, komme also nicht in Frage. Zumal Putin überzeugt ist, dass das Grossmachtstreben zur Stabilisierung seines Regimes beiträgt. Woraus er die Devise ableitet: Was dem Westen schadet, nützt Russland.
Kaum gemeinsame Themen
Am Ende ihres Treffens werden Putin und Obama von engerer Zusammenarbeit lediglich bei der Terrorbekämpfung, bei der Stabilisierung Afghanistans und im Aussenhandel sprechen. Das ist erschreckend wenig, gemessen an dem, was nötig wäre. Und punkto Syrien wird man weiter als Rezept eine internationale Friedenskonferenz in Genf beschwören. Bloss mit wem? Mit welchem Ziel? Mit welchen Mitteln? Mit welchen Erfolgsaussichten? Das alles bleibt völlig unklar.