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Türkei soll 3000 neue Richter und Staatsanwälte bekommen
Gegen mehr als 1500 Richter und Staatsanwälte hat die Türkei nach dem missglückten Putschversuch gegen Präsident Erdogan Haftbefehle erlassen. Nun kündigt Justizminister Bozdag an, insgesamt 3000 neue Justizbeamte einzustellen. Zugleich sollen 20'000 neue Lehrer eingestellt werden.
Nach über 1500 Festnahmen von Richtern und Staatsanwälten will die türkische Regierung die entstandene Lücke in der Justiz schnell schliessen. Justizminister Bekir Bozdag kündigte deshalb an, dass rund 3000 neue Richter und Staatsanwälte eingestellt werden sollen. «Es wird keine Unannehmlichkeiten für unsere Bürger geben. Dafür haben wir Massnahmen getroffen», erklärte Bozdag gegenüber türkischen Medien.
Bereits vor dem Putschversuch habe man geplant, im November Prüfungen für 1500 Richter und Staatsanwälte anzubieten, so Bozdag. Nun sei die Zahl der geplanten Neueinstellungen verdoppelt worden.
Haftbefehle gegen Journalisten
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Nach dem gescheiterten Militärputsch sind Medienberichten zufolge erstmals Haftbefehle gegen 42 Journalisten erlassen worden. Wie die Zeitung «Hürriyet» berichtete, wurden die Haftbefehle vom Büro des Istanbuler Anti-Terror-Staatsanwalts erlassen. Seinen Angaben zufolge hat bereits ein Polizeieinsatz begonnen, um die Journalisten festzunehmen.
Der Justizminister wiederholte zudem die Forderung an die USA, den dort im Exil lebenden Prediger Fethullah Gülen auszuliefern. Sollte dies nicht passieren, werde das für «grosse Schwierigkeiten» in den Beziehungen beider Staaten führen. Gülen sei für den Putschversuch verantwortlich gewesen, so Bozdag, das wüssten sowohl der US-Geheimdienst als auch Aussenminister John Kerry.
20'000 neue, «staatlich ausgewählte» Lehrer
Fast gleichzeitig kündigte Bildungsminister Ismet Yilmaz an, dass im laufenden Jahr mehr als 20'000 neue Lehrer eingestellt werden. Ursprünglich seien Neueinstellungen erst für kommenden Februar geplant gewesen, so Yilmaz weiter. Aufgrund der «neu entstandenen Situation» werde man aber schneller reagieren.
«Die Zahl an suspendierten Lehrern und die Verstaatlichung von Privatschulen haben für einen Bedarf gesorgt, der durch neu eingestellte Lehrer gedeckt werden wird», so der Minister. Schüler, die bislang solche Privatschulen besuchten, sollten künftig von staatlich ausgewählten Lehrern unterrichtet werden. «Unseren Schülern sagen wir Folgendes: Keiner wird benachteiligt werden. Wir werden unserem Nachwuchs eine viel bessere Bildung als früher gewährleisten», sagte Yilmaz.
Erdogan hatte zuvor per Dekret die Schliessung von mehr als 1000 Schulen mit mutmasslichen Verbindungen zu dem Prediger Fethullah Gülen verfügt. Zehntausende Staatsbedienstete wurden suspendiert. Ausserdem wurde mehr als 21'000 Lehrern an privaten Schulen die Lizenz entzogen.
Amnesty International hat Hinweise auf Folter
Amnesty International hat nach eigenen Angaben «glaubwürdige Hinweise» auf Misshandlungen und sogar Folter von festgenommenen Verdächtigen in der Türkei. Die Menschenrechtsorganisation forderte die Türkei auf, unabhängigen Beobachtern Zugang zu allen Einrichtungen zu gewähren, in denen die mehr als 13'000 Verdächtigen festgehalten würden. Amnesty kritisierte das am Samstag erlassene Dekret von Präsident Recep Tayyip Erdogan.
Der erste Erlass unter dem am Donnerstag verhängten Ausnahmezustand erlaubt unter anderem, dass Behördenvertreter bei Treffen von Verdächtigen und Anwälten anwesend sein und diese in Ton- oder Videoaufnahmen aufnehmen dürfen. Dokumente, die zwischen Festgenommenen und Anwälten ausgetauscht werden, können beschlagnahmt werden. Amnesty bemängelte, damit werde das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren unterlaufen. Die Organisation teilte mit, sie habe mit Anwälten, Ärzten und einem Diensthabenden an einem Ort gesprochen, wo Festgenommene festgehalten würden.
Ihr lägen mehrere Berichte vor, wonach Verdächtige an «inoffiziellen Orten» wie Sportzentren oder in einem Stall gehalten würden. Nach diesen Berichten habe die Polizei Festgenommenem unter anderem Essen, Wasser und medizinische Behandlung verweigert. Polizisten hätten Verdächtige demnach «Schlägen und Folter unterworfen, inklusive Vergewaltigung und sexuelle Nötigung».
Aus der türkischen Regierung wurden die Vorwürfe vehement zurückgewiesen. «Die Idee, dass die Türkei, ein Land, dass nach der Mitgliedschaft in der EU strebt, das Gesetz nicht respektiert, ist absurd», sagte ein hochrangiger Regierungsvertreter der Deutschen Presse-Agentur in Istanbul. «Wir weisen die Vorwürfe kategorisch zurück und ermutigen Lobbygruppen zu einer unparteiischen Darstellung der rechtlichen Schritte, die gegen Menschen ergriffen werden, die fast 250 Zivilisten kaltblütig ermordet haben.» Erst am Samstag seien 1200 Soldaten aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden. |