SRF: Trotz schlechter Wirtschaftslage wird die Partei ‹Einiges Russland›, die Putin treu ergeben ist, haushoch siegen. Wie hoch?
David Nauer: Die Umfragen zeigen kein einheitliches Bild. Es gibt solche, die sagen der Partei eine Unterstützung von 30 Prozent zu, andere sprechen von 40 oder 50 Prozent. Es ist also nicht ganz klar. Fest steht aber, die Partei ‹Einiges Russland› wird das Parlament, die Duma, auch in Zukunft mit überwältigender Mehrheit beherrschen. Und zwar, weil es ein neues Wahlgesetz gibt. Dieses Gesetz bevorzugt die stärkste Partei klar. Man kann also sagen, Präsident Putin muss sich keine Sorgen machen vor diesem Wahltag.
Was verspricht die Pro-Putin-Partei ‹Einiges Russland› den Wählern?
Vor allem eines: Putin und nochmals Putin. ‹Einiges Russland› ist keine Partei im eigentlichen Sinne mit einem politischen Programm. Sie ist vielmehr – und so wird sie in Russland auch genannt – die Partei der Macht. Die Partei eben, die mit dem Präsidenten verbunden ist. Das ist auch ihr wichtigstes Wahlargument. Die Leute wählen sie auch deswegen. Putin ist in der Tat populär. Interessesant ist übrigens: Er selber ist gar nicht Mitglied dieser Partei. Putin inszeniert sich lieber als Präsident aller Russen und ist deswegen formal gesehen parteilos. Trotzdem ist allen klar: ‹Einiges Russland›, das ist Putin.
Wenn nun der Ausgang der Wahlen derart klar ist, wieso nehmen dann die Leute überhaupt noch Teil?
So richtig viel Begeisterung für die Wahl spüre ich tatsächlich nicht, auch wenn Umfragen voraussagen, dass etwa die Hälfte der Russen an die Urnen geht. Aber viele sagen, die Duma sei sowieso unwichtig, weil die wirklich wichtigen Fragen der Präsident entscheide. Oder die Menschen zweifeln, dass die Wahl fair ablaufen wird. Andere sagen, wir gehen hin, weil es unsere Pflicht ist als Bürger. Oder sie unterstützen tatsächlich die eine oder andere Partei aus einer politischen Überzeugung heraus.
Eine vielsagende Begründung, trotz aller Zweifel wählen zu gehen, habe ich kürzlich von zwei jungen Frauen gehört. Die haben gesagt, wir gehen an die Urne, damit schlussendlich nicht jemand anders unsere Wahlzettel ausfüllt. Wählen ist also für die beiden jungen Frauen ein Mittel, um Wahlbetrug zu verhindern.
Das Gespräch führte Susanne Schmugge.