Fünf Jahre waren die Verhandlungen blockiert. Dann, am Dienstagabend, fiel plötzlich der Entscheid: Vertreter der EU-Staaten und des Europaparlaments haben sich darauf geeinigt, strengere Regeln für mehr Steuertransparenz einzuführen.
Das Europäische Parlament hatte solche Regeln bereits seit Jahren gefordert. Nun konnten die Grünen, Sozialdemokraten und weite Teile der liberalen Mitte die neuen Standards nach zähen Verhandlungen gegen Vertreter der 27 EU-Mitgliedstaaten durchsetzen.
Konzerne müssen Gewinn in jedem Land ausweisen
Für multinationale Konzerne in der EU ändert sich damit einiges. Künftig müssen sie ihre Geschäftszahlen Land für Land ausweisen, also den Umsatz und Gewinn pro Land sowie die Anzahl Mitarbeiter.
Zudem müssen sie offenlegen, wie hoch die jeweilige Steuerrechnung ausfällt. Dies in EU-Ländern und in Ländern, die von der EU als Steuerparadiese angesehen werden.
Unter die neue Regelung fallen alle Grosskonzerne mit mehr als 750 Millionen Euro Umsatz in der EU. Dazu zählen zum Beispiel Unternehmen wie der Möbelriese IKEA. Der Konzern macht zwar viel Umsatz in grossen Ländern wie Spanien oder Frankreich. Die Mehrheit seiner Gewinne versteuert IKEA jedoch in den steuergünstigen Niederlanden.
Auch Amazon dürfte betroffen sein: Der Onlineversandhändler dominiert den Online-Handel in Deutschland. Der europäische Mutterkonzern befindet sich jedoch in Luxemburg. Deshalb zahlt Amazon kaum Steuern.
Steueroptimierung bleibt legal
Solche Steueroptimierungen bleiben zwar auch mit der neuen Regelung weiterhin erlaubt. Doch ihr Umfang wird nun erstmals für alle transparent.
Der Entscheid sei ein grosser Sieg, erklärte Evelyn Regner, die Verhandlungsführerin der Sozialdemokraten, in einer Videobotschaft. Gerade jetzt, wo Unternehmen wegen der Corona-Pandemie Milliarden Hilfsgelder vom Staat erhielten, sei das Mehr an Transparenz überfällig.
Mit der neuen Regelung wird für die Öffentlichkeit ersichtlich, ob Unternehmen Steuern zahlen, die auch im Verhältnis zu ihrem Umsatz im jeweiligen Land liegen. Die Offenlegungspflicht gilt auch für Steueroasen, die auf einer schwarzen oder grauen Liste der EU aufgeführt sind. Schweizer Unternehmen mit Tochterfirmen in der EU sind ebenfalls davon betroffen.