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Lebenslange Haft für Genozid Zwei einstige Führer der Roten Khmer verurteilt

  • Erstmals sind in Kambodscha zwei Mitglieder der Roten-Khmer- Führungsriege wegen Genozids schuldig gesprochen worden.
  • Ein von der UNO unterstütztes Sondertribunal verurteilte den einstigen Chefideologen und den einstigen Staatschef zu lebenslangen Haftstrafen.
  • Zwei ursprünglich ebenfalls angeklagte ehemalige Führungsmitglieder der Roten Khmer sind während des siebenjährigen Völkermordprozesses gestorben.

Der einstige Chefideologe und Stellvertreter von Regimeführer Pol Pot, Nuon Chea, sowie der ehemalige Staatschef Khieu Samphan waren zuvor bereits wegen anderer Vorwürfe als der Anschuldigung des Genozids verurteilt worden.

Mit dem Urteil kam der zweite Teil eines Völkermordprozesses gegen die überlebende Führung des Rote-Khmer-Regimes zum Abschluss. Das Tribunal verhandelte seit 2011.

1,7 Millionen Menschen umgebracht

Die Roten Khmer wollten zwischen 1975 und 1979 eine maoistische Bauerngesellschaft verwirklichen. Sie trieben die Stadtbevölkerung aufs Land, schafften Geld und Schulen ab und zwangen alle Menschen auf die Felder.

Durch Hungersnöte, Zwangsarbeit, Folter und Ermordungen kamen in dem kleinen südostasiatischen Land nach Schätzungen mindestens 1,7 Millionen Menschen ums Leben – die Bevölkerung verringerte sich um mindestens 20 Prozent.

Einschätzung von Südostasien-Korrespondent Lukas Messmer

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Ein mehr als zehnjähriger Prozess ist zu Ende. Nuon Chea (92 Jahre) und Khieu Samphan (87 Jahre) sind für Völkermord an der ethnischen Minderheit der Cham und den lokalen Vietnamesen verurteilt worden – der vor 40 Jahren stattfand. Das ist für die junge Bevölkerung im armen südostasiatischen Land weit weg. Die Überlebenden der Schreckensherrschaft der Roten Khmer sind die Gross- oder Urgrosseltern der heutigen Kambodschaner. Das Land ist eines der Ärmsten Südostasiens.

Die jungen Menschen sorgen sich, eine gute Ausbildung zu erhalten und einen guten Job zu kriegen. Darum ist den meisten Kambodschanern wohl egal, ob das ein Völkermord war oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die beiden Greise sassen ja bereits im Gefängnis. Auch die Regierung unter Hun Sen hat sich über die Jahre nur bedingt für das Tribunal interessiert und war zu Beginn sogar dagegen. Der diktatorische Machthaber Kambodschas ist seit 33 Jahren an der Macht und kämpfte als junger Mann selbst mit den Roten Khmer, bis er die Seiten wechselte. Seine Regierung hat immer darauf bestanden, dass nur die obersten Befehlshaber verurteilt werden – auch zum Schutz seiner selbst.

Das Urteil bleibt aber wichtig für die Geschichtsschreibung, die internationale Gemeinschaft und für die Akzeptanz künftiger Prozesse wegen Völkermords: Ein Signal, dass Völkermord bestraft wird – auch wenn es lange dauert.

Die letzten Überlebenden der Roten-Khmer-Führungsriege: Nuon Chea (oben) und Khieu Samphan.
Legende: Die letzten Überlebenden der Roten-Khmer-Führungsriege: Nuon Chea (oben) und Khieu Samphan. Reuters

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