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Meng Hongwei in Haft Verschwundener Interpol-Präsident der Korruption bezichtigt

  • Die chinesischen Behörden ermitteln gegen den indessen zurückgetretenen Interpol-Vorsitzenden Meng Hongwei wegen Korruption.
  • Ob sich die Vorwürfe auf das Ministeramt in China oder Mengs Arbeit bei Interpol beziehen, bleibt offen.
  • Unklar ist auch, wo genau sich Meng derzeit aufhält.

Der Präsident der internationalen Polizeibehörde Interpol, Meng Hongwei, befindet sich offenbar in Gewahrsam der chinesischen Behörden. Gegen Meng, der auch chinesischer Vize-Minister für öffentliche Sicherheit ist, wird nach Angaben der Anti-Korruptionsbehörde in der Volksrepublik wegen Korruption ermittelt.

Wie das chinesische Ministerium für öffentliche Sicherheit auf seiner Website die Anklage konkretisiert, soll Meng «Bestechungsgelder angenommen» haben und werde verdächtigt, «gegen das Gesetz verstossen» zu haben.

Interpol hatte noch am Sonntagabend mitgeteilt, dass Meng in der Folge der Anschuldigung seinen sofortigen Rücktritt als Präsident eingereicht habe.

Ehefrau unter Polizeischutz

Die «South China Morning Post» hatte am Wochenende unter Berufung auf einen ungenannten Informanten berichtet, der Interpol-Präsident sei nach seiner Ankunft in China zur Befragung abgeführt worden.

Mengs Ehefrau hatte den 64-Jährigen bei der Staatsanwaltschaft am Interpol-Sitz in Lyon als vermisst gemeldet, nachdem der Kontakt zu ihm nach der Abreise aus Frankreich am 25. September abgebrochen sei. Sie wurde nach Angaben der französischen Behörden unter Polizeischutz gestellt, weil sie Drohungen erhalten habe.

Porträt Meng
Legende: Meng war 2016 als erster Chinese zum Interpol-Präsidenten gewählt worden. Keystone

Amnesty wirft Peking Instrumentalisierung vor

In den vergangenen Jahren gab es mehrere Fälle, in denen hochrangige chinesische Beamte zunächst ohne Erklärung verschwanden, bis die Regierung Wochen oder sogar Monate später mitteilte, dass gegen sie ermittelt wird – meist wegen Korruption.

Die Personalie Meng war allerdings international umstritten und hatte auch Menschenrechtler besorgt. Amnesty International warf China damals vor, schon lange zu versuchen, Interpol für die Fahndung nach chinesischen Dissidenten und Aktivisten zu benutzen.

Peking nimmt Prestigeverlust in Kauf

Interpol ist die wichtigste internationale Polizeiorganisation der Welt, ihr Sitz ist Lyon. Die 192 Mitgliedstaaten tauschen über Interpol unter anderem Informationen zu gesuchten Personen aus. Meng steht seit 2016 an der Spitze von Interpol. Für China war es ein Prestigegewinn, als es vor zwei Jahren den Präsidenten einer so wichtigen Organisation wie Interpol stellen konnte.

«Mit Mengs Festnahme werden sich die Beziehungen zu Interpol sicher verschlechtern», sagt SRF-Korrespondent Martin Aldrovandi. Und es werde schwieriger, wenn Peking nun für ähnliche Positionen Chinesen stellen wolle. «Aber man nimmt es offenbar in Kauf, das Ansehen langfristig zu schädigen.»

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