Am 19. September bricht auf der Kanareninsel La Palma der Vulkan Cumbre Vieja aus. Monatelang stösst er Asche, Rauch und Lava aus. Aus aller Welt rücken Medienschaffende an und verbreiten Bilder des schauerlichen Naturspektakels, während Lavaströme tausende Häuser begraben.
Für die Bewohnerinnen und Bewohner der kleinen Atlantik-Insel vor der Westküste Afrikas ist es kaum zu ertragen, wie die Lava Meter für Meter ihre Existenzgrundlage wegfrisst. «Ich zähle die Stunden, bis sie diesem Drachen die Sterbeurkunde ausstellen», sagte der Priester Domingo Guerra der Zeitung «El País».
Am Samstag, am zweiten Weihnachtstag, war es schliesslich so weit: Die spanischen Behörden erklärten den Ausbruch offiziell für beendet. Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez freute sich auf Twitter über «das beste Weihnachtsgeschenk» – und die rund 85’000 leidgeprüften Bewohner La Palmas durften endlich aufatmen.
Sánchez versprach, man werde «die wunderbare Insel La Palma wiederbeleben und die entstandenen Schäden beseitigen.» Die Menschen sind derweil skeptisch, wie der freie Journalist Markus Böhnisch berichtet. «Sánchez bat auch um Geduld. Damit ist es bei vielen Betroffenen aber verständlicherweise nicht mehr weit her nach über drei Monaten.»
Böhnisch hat La Palma in den letzten Monaten mehrmals besucht, zuletzt vor einer Woche. Und auch der spanische Premier sei fast schon ein Dauergast auf der Kanareninsel gewesen. Im Wesentlichen wünschten sich die Betroffenen nun vor allem eines: schnelle Hilfe.
Betroffene bangen um rasche Hilfe
Die öffentliche Hand hat zwar Wohnungen gekauft, um Menschen zu beherbergen, die ihre eigene Unterkunft verloren haben. «Diese decken aber nur einen Bruchteil des tatsächlich benötigten Wohnraums ab», so der deutsche Journalist. Für den Wiederaufbau hat die spanische Regierung über 400 Millionen Euro in Aussicht gestellt.
Erste Gelder wurden auch schon ausbezahlt – so etwa an Bauern, deren Bananenplantagen von den Lavamassen zerstört wurden. Laut Böhnisch verzögern sich die Zahlungen aber immer wieder, weil die zuständigen Gemeinden teilweise langwierig abklären, wer Anrecht auf Hilfe habe. «Das ist ein schwerer Schlag für diejenigen, die kurzfristig Geld benötigen. Es läuft noch nicht alles rund.»
Am Montagabend zeigte sich der Unmut der Bevölkerung im Westen von La Palma: Hunderte Menschen versammelten sich zu einer ersten grösseren Demonstration, in der sie eine schnellere Verteilung der Hilfsgelder und Spenden forderten. «Sie wollen auch eine schnelle Lösung für die Wohnraumprobleme und Transparenz: Sie wollen nachvollziehen können, wem womit geholfen wird und woher dieses Geld kommt.»
Bei allen Sorgen und Existenzängsten: «Für die breite Masse der Palmeros ist es jetzt eine Erleichterung», schliesst Böhnisch. «Die unmittelbare Gefahr des Vulkans ist weg – vor allem auch das beständige Grollen und die Explosionen.» Der unterschwellige Stress sei nun von einer neuen Ruhe abgelöst worden. «Die Menschen können, ganz banal gesagt, wieder ruhig schlafen.»