Die griechische Regierung unter Premier Alexis Tsipras versucht den Spagat zwischen der Erfüllung der EU-Forderungen und dem Halten der eigenen Wahlversprechen: Brüssel beharrt auf der Einhaltung der Abmachungen im Rahmen des 240-Milliarden-Euro-Rettungspakets, Tsipras will die Vereinbarung neu verhandeln. Derzeit sieht es nach einem Punktesieg für die EU aus, was die junge griechische Regierung im eigenen Land unter Druck setzt.
Harte Zeiten stehen Tsipras noch bevor
Bereits habe Tsipras' Regierung in Griechenland an Glanz verloren, sagt die in Athen lebende Journalistin Corinna Jessen. Zwar fänden viele Griechen, Tsipras habe gegen den harten Widerstand der EU-Partner herausgeholt, was möglich war. Andere zeigten sich erleichtert, dass der Premier offenbar doch nicht den Austritt Griechenlands aus der Eurozone riskieren wolle.
Die Opposition allerdings moniere, dass Tsipras ausser der Umbenennung der verhassten «Troika» in «die Institutionen» oder des «Hilfsprogramms» in «den Vertrag» kaum etwas erreicht habe. Sie befürchten, dass die griechische Bevölkerung am Schluss noch härtere Massnahmen werde erdulden müssen, als unter den Vorgänger-Regierungen. «Die harten Zeiten im Inland stehen Tsipras noch bevor», sagt die Journalistin deshalb.
Kritik aus den eigenen Reihen
Zunehmend werde auch aus den eigenen Reihen Kritik laut. So habe die alte Galionsfigur der Linkspartei, Manolis Glezos, in einem Gastartikel geschrieben, er schäme sich dafür, bei den Wählern falsche Hoffnungen geweckt zu haben. Bislang habe man lediglich «den Fisch in Fleisch umgedichtet» so der 92-jährige Altkommunist, der für Syriza im EU-Parlament sitzt.
Für Griechenland werden die kommenden Wochen alles andere als leicht, ist Jessen überzeugt. So seien in den nächsten Monaten Milliarden-Rückzahlungen an IWF und andere Gläubiger fällig, entsprechend gross sei der Druck auf die Regierung Tsipras, mit Brüssel rasch eine Einigung zu finden.
Brüssel vertraut Athen nicht mehr
Dabei habe das Vertrauen der EU in Athen bereits stark gelitten. Das zeige sich etwa daran, dass Brüssel mehr als 10 Milliaren Euro, die eigentlich für die Rekapitalisierung der griechischen Banken vorgesehen waren, in den Rettungsschirm zurückgeführt hätten. «Nicht, dass die Griechen damit noch ihren Staat finanzieren», so Jessen. Ihr Fazit: «Die Leine, an der die Regierung Tsipras in Brüssel gehalten wird, ist sehr kurz.»