- Die Koalition des konservativen Ministerpräsidenten Shinzo Abe kann einen klaren Wahlsieg feiern.
- Abes Liberaldemokratische Partei LDP und ihr Junior-Partner Komeito kommen laut übereinstimmenden Prognosen auf eine stabile Mehrheit von mehr als 300 der 465 Sitze in der mächtigen Parlamentskammer, die auch den Regierungschef wählt.
- Damit hätte Abe die erforderliche Mehrheit, um wie angekündigt die pazifistische Verfassung aus der Nachkriegszeit zu ändern.
Gewählt wurde in Japan das Unterhaus des nationalen Parlaments, das auch den Regierungschef wählt. Der bisherige Regierungschef Abe hatte die Wahl um gut ein Jahr vorgezogen. Seine wegen Vorwürfen der Vetternwirtschaft im Sommer gesunkenen Umfragewerte haben sich im Zuge der Nordkorea-Krise gerade wieder erholt.
Zudem half Abe der Umstand, dass die Opposition zurzeit zersplittert ist. Der Sieg stärkt auch Abes Aussichten auf eine erneute Wiederwahl als Chef der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP) im kommenden Jahr.
Kritik der Opposition
Die erst kurz vor der Wahl gegründete liberale Partei für Konstitutionelle Demokratie (PKD) unter Yukio Edano dürfte grösste Oppositionspartei werden. Dies noch vor der konservativen «Partei der Hoffnung» der Tokioter Gouverneurin Yuriko Koike, die selber nicht kandidierte. Anders als die PKD tritt die «Partei der Hoffnung» für eine Änderung der pazifistischen Verfassung ein.
Die Opposition hatte Abe vorgeworfen, mit vorgezogenen Neuwahlen verhindern zu wollen, dass ihn die Skandale um mutmassliche Vetternwirtschaft im Parlament einholen. Abe dagegen begründete seinen Schritt unter anderem damit, ein Mandat für seinen harten Nordkorea-Kurs im Einklang mit der US-Regierung von Präsident Donald Trump zu bekommen. Er wird US-Präsident Donald Trump Anfang November in Tokio empfangen. Der 63-Jährige steht Trump so nahe wie kaum ein anderer ausländischer Regierungschef.
Drohende Einschränkung der Bürgerrechte
Mit dem Sieg Abes nimmt daher auch die Debatte um eine Änderung der pazifistischen Nachkriegsverfassung wieder Fahrt auf. Eine Revision ist Abes politisches Lebensziel. Er will an der Seite der Schutzmacht USA die Rolle des Militärs angesichts der Bedrohung durch Nordkorea und der wachsenden Macht Chinas stärken.
Kritiker beklagen, dass Japan unter Abe klar nach rechts gerückt sei und dass Japan, die älteste Demokratie Asiens, nicht mehr das demokratische Land sein könnte, das es seit dem verlorenen Zweiten Weltkrieg bislang war, sollte Abes Liberaldemokratische Partei LDP ihre Ziele für eine Verfassungsänderung umsetzen können. Ein Entwurf der Partei von 2012 sieht neben einer Änderung des Pazifismusartikels 9 auch eine weitgehende Einschränkung grundlegender Bürgerrechte vor.
Abe hingegen vertritt die Ansicht, dass die Verfassung nicht der einer unabhängigen Nation entspricht, da sie Japan 1946 von der Besatzungsmacht USA aufgezwungen worden sei. Die Existenz der Selbstverteidigungsstreitkräfte will er in der Verfassung verankern.
Für eine Verfassungsänderung bedarf es jedoch nicht nur einer Zwei-Drittel-Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments, sondern auch eines nationalen Referendums. Ob Abe, der im Volk trotz des Sieges seiner Partei unbeliebt ist, damit durchkommt, ist ungewiss.