Mit Plakaten und Sprechchören demonstrieren tausende Griechinnen und Griechen gegen das neue Reformpaket, das heute vom Parlament beschlossen werden soll.
Mit dabei ist die 29-jährige Ana Aslanidi, die bei einem Mobilfunkunternehmen arbeitet. «Unser Protest richtet sich vor allem gegen die Einschränkung unseres Rechts auf Streik. Wir kommen nicht mehr über die Runden, haben so viele Probleme, und nun soll unser einziges Mittel, mit dem wir Druck machen können, eingeschränkt werden?» Tsipras' Regierung zeige, dass sie alles andere als eine linke Regierung sei. Mit dem neuen Gesetz wird die Gewerkschaft eines Unternehmens erst einen Streik ausrufen dürfen, wenn über die Hälfte der Mitglieder bei einer Generalversammlung anwesend sind. Bisher hat ein Fünftel ausgereicht.
Wir kommen nicht mehr über die Runden, haben so viele Probleme, und nun soll unser einziges Mittel, mit dem wir Druck machen können, eingeschränkt werden?
Was die neue Regelung für Konsequenzen haben kann, sagt Michalis Janakos von der Gewerkschaft des Spitalpersonals. «Für uns kommt das einem Streikverbot gleich. Denn das würde bedeuten, dass wir den Betrieb des Spitals lahmlegen und Menschenleben aufs Spiel setzen müssen, um über einen Streik zu entscheiden.»
Online-Auktionen als Stein des Anstosses
Eine weitere Massnahme, die den Zorn der Demonstranten anheizt, ist, dass ab dem 1. Mai alle gepfändeten nur noch online versteigert werden sollen. Schon bei Schulden von 500 Euro werden Immobilien unter den Hammer kommen können.
Petros Konstantinu, Athener Stadtrat und Mitglied einer kleinen linken Partei, befürchtet, dass nun weitaus mehr Menschen für kleine Beträge ihr Zuhause verlieren könnten. Bürgerbewegungen würden durch die Onlineauktionen nicht mehr protestieren und die Versteigerung der Häuser armer Leute nicht mehr unterbrechen können wie bisher: «Wir müssen das verhindern, sonst werden wir bald überall Zelte sehen. Es gibt schon viele Menschen, die wegen der Krise obdachlos geworden sind, aber dieses Phänomen wird bald eine ganz andere Dimension bekommen.»
Es gibt schon viele Menschen, die wegen der Krise obdachlos geworden sind, aber dieses Phänomen wird bald eine ganz andere Dimension bekommen.
Das neue Massnahmenpaket ist eine Voraussetzung, damit die internationalen Geldgeber die nächste Kreditrate freigeben. Alle Oppositionsparteien haben angekündigt, gegen die Vorlage abzustimmen. Aber es wird erwartet, dass die Abgeordneten der zwei Regierungsparteien geschlossen für das Paket stimmen.
Die nötige Mehrheit wäre somit gewährleistet. Aber für die Demonstranten bleibt ein bitterer Beigeschmack, dass auch dieses Spar- und Reformpaket von einer Regierung kommt, die sich selbst als linke Regierung definiert.