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SPÖ gewinnt Wahlen in Wien Analystin: «Grüne sind als Partner der SPÖ in Wien nicht gesetzt»

Die Landtagswahl in Wien vom Wochenende war die wichtigste Wahl in diesem Jahr in Österreich – die rotgrüne Regierung wurde mehr als deutlich bestätigt. Die Sozialdemokraten und auch die Grünen konnten sich um über zwei Prozent steigern. Noch deutlicher legte die ÖVP von Kanzler Sebastian Kurz zu: um fast zehn Prozent. Für SRF-Auslandredaktorin Simone Fatzer kommt das nicht überraschend.

Simone Fatzer

Deutschland-Korrespondentin

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Simone Fatzer arbeitet seit 1998 für Radio SRF, unter anderem als Moderatorin der Sendung «Echo der Zeit» und als Dossierverantwortliche für Deutschland. Seit September 2021 ist sie Korrespondentin in Berlin.

SRF News: Die SPÖ kam nach bislang vorliegenden Ergebnissen auf 42 Prozent der Stimmen. Wessen Verdienst ist das?

Simone Fatzer: Ein Stück des Erfolgs kann sicher Bürgermeister Michael Ludwig für sich in Anspruch nehmen. Er hat das Amt erst vor zwei Jahren vom sehr beliebten und umtriebigen Michael Häupl übernommen. Und es ist ihm in diesen zwei Jahren gelungen, seine Beliebtheit dauernd zu steigern.

Die SPÖ kann nicht alleine regieren. Sie braucht wieder einen Partner. Sind denn die Grünen als Koalitionspartner gesetzt?

Nein, die Grünen sind noch nicht gesetzt. Eine Fortsetzung von Rotgrün wäre wohl der Wunsch der Wähler, sowohl der SPÖ als auch der Grünen. Aber Michael Ludwig hat klar gesagt, er wolle sich alle Optionen offenhalten und mit allen möglichen Parteien diskutieren. Und die Koalition war ja nicht ganz konfliktfrei in der letzten Zeit, zum Beispiel beim Thema Verkehr.

Weiter gibt es die Möglichkeit, mit der Kanzlerpartei ÖVP zusammen zu spannen. Das scheint allerdings schon atmosphärisch schwierig. Überraschenderweise kommt auch noch die kleine Partei der liberalen Neos infrage. Das wäre aber ein ziemliches Experiment. Man rechnet aber durchaus damit, dass es zu einer Überraschung kommen könnte.

Die ÖVP hat auch ganz klar davon profitiert, dass sie mit ihren Inhalten auf die Wählerschaft der FPÖ gezielt hat.

Die ÖVP hat massiv zugelegt. Hat das mit Kanzler Sebastian Kurz und seiner Coronapolitik zu tun?

Mit dem Kanzler hat es bestimmt zu tun. Bei der Coronapolitik würde ich eher ein Fragezeichen setzen. Er ist zwar sehr erfolgreich gestartet, aber dann gab es eine riesige Verwirrung um die sogenannte Corona-Ampel. Zudem hat die ÖVP auch ganz klar davon profitiert, dass sie mit ihren Inhalten auf die Wählerschaft der FPÖ gezielt hat. Sie sieht sich ein Stück weit als FPÖ, aber mit mehr Stil. Und das ist jetzt wunderbar aufgegangen.

Die rechtspopulistische FPÖ erlebte ein Debakel. Laut Hochrechnungen verlor sie zwei Drittel ihrer Stimmen und liegt deutlich unter zehn Prozent.

Ja, aber das war schon lange absehbar. Das sind ganz klar die Auswirkungen des Skandals um das Ibiza Video und der Spesenaffäre.

Der skandalumwitterte frühere FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache verpasste den Einzug ins Parlament deutlich. Ist dies das definitive Ende seiner Politkarriere?

Das ist eine Frage, die sehr schwierig zu beantworten ist. Er hat zwar eine deutliche Klatsche erhalten, und seine Partei ist jetzt auch weg. Da wird also jetzt vorerst sicher nichts passieren. Aber was dieser Mann vorhat, der ja offensichtlich nicht ohne Politik sein kann, wir werden es sehen.

Die SPÖ ist auf Bundesebene eine sehr zerstrittene Partei, man ist mit der Parteipräsidentin nicht zufrieden.

Was bedeutet denn diese Wahl nun für Österreich?

Die bundesweiten Auswirkungen werden nicht immens sein. Besonders interessant könnte es vielleicht für die SPÖ sein. Das ist auf Bundesebene eine sehr zerstrittene Partei, man ist mit der Parteipräsidentin nicht zufrieden. Die Partei ist in der Opposition und kann dort nicht an Profil gewinnen. Und jetzt kommt hier Michael Ludwig und wird eigentlich zur stärksten Kraft mit diesem Erfolg in diese Partei. Es wird interessant sein zu sehen, welche innerparteilichen Auswirkungen das haben wird.

Das Gespräch führte Claudia Weber.

SRF 4 News, 12.10.2020; 07:16 Uhr; ; 

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