Wenn Chadrack rappt, sieht man die Narben an seinen Armen. Sie stammen von Schnitten und Verbrennungen, und zeugen vom harten Leben des Vierzehnjährigen.
Der junge Kongolese lebt seit Jahren auf den Strassen der Hauptstadt Kinshasa. Sein Thema heute: Bombé, eine Droge, welche die Jugendlichen aus Autoauspuffen gewinnen. «Ich habe gemerkt, dass Freunde von mir ständig high waren, dass sie mit der Droge ihr Leben ruiniert haben.»
Chadracks Traum ist eine Musikkarriere. Fast jeden Tag trifft er sich im Kulturzentrum Mokili Na Poche mit Freunden. Auch sie leben auf der Strasse. Einmal die Woche können sie das Musikstudio benutzen.
Ausgleich zum Leben auf der Strasse
Das Zentrum bietet den Kindern einen Ausgleich zum anstrengenden Leben auf der Strasse. Leiter Cedrick Tshimbalanga hilft den Kids beim Texten. «Es hat unglaublich viele Strassenkinder in Kinshasa», seufzt der schmächtige Mann mit Dreadlocks. Für sein Zentrum hat er ein Haus im Aussenquartier Bandalungwa der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa gemietet.
Das Zentrum Mokili Na Poche (Welt in der Tasche) bietet den Strassenkindern auch Kurse in Mathe und Grammatik. Und es wird gemalt. Doch manchmal liegen in einem Raum ganz einfach einige Kinder auf dem Betonboden und schlafen.
Leiter Tshimbalanga zeigt Verständnis. «Die Kinder haben keinen ruhigen Ort, sie verbringen die ganze Nacht auf der Strasse und kommen dann mit ihren Traumata hierher.» Rund zehn bis zwanzig Strassenkinder kommen täglich vorbei.
Die Führung des Zentrums ist eine Herausforderung. Heute ist der Tontechniker nicht gekommen. Manchmal gibt es Streit, gewalttätige Auseinandersetzungen. Und die Miete von umgerechnet 700 Franken bezahlt Tshimbalanga meist aus der eigenen Tasche. Er arbeitet nebenbei als Chauffeur oder organisiert Kulturanlässe.
Übernachten neben Müllhaufen
Das Quartier Bandalungwa strotzt vor Leben. Motorradtaxis fahren durch die holprigen Strassen, Verkäuferinnen bieten Früchte an, Schulkinder rennen herum. «Das hier ist Banlieue, Gangster-Gebiet, eine wilde Gegend», sagt Ozé, auch er einer der Rapper.
Die Strassenkinder halten sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Oder sie stehlen und die Mädchen prostituieren sich. In einer engen Gasse neben Müllhaufen schlafen die Kinder. Hier fühle er sich ein wenig sicher vor den Schikanen der Polizei, sagt Chadrack. «Zum Glück hat uns eine Frau erlaubt, hier zu übernachten.»
Wie viele der Strassenkinder Kinshasas wurde auch Shadrack von seiner Familie verstossen. Andere Kinder werden von ihren Vätern, den Soldaten in der nahegelegenen Kaserne, nicht anerkannt. Und manchmal werden sie gar der Hexerei beschuldigt.
Mit Selbstvertrauen zur Lehrstelle
Zentrumsleiter Tshimbalanga plant, mit der Musik der Kinder ein Album zu veröffentlichen. Viel wichtiger als die Musik ist aber, dass das Zentrum eine Tagesstruktur bietet. So können die Strassenkinder den Alltag vergessen und gewinnen an Selbstbewusstsein.
Ein Erfolg ist für Tshimbalanga, wenn er einem Strassenkind eine Lehrstelle als Automechaniker vermitteln kann. Dann vergisst der Zentrumsleiter auch die eigenen Geldsorgen.
Der Strassenjunge Shadrack will weitermachen mit der Musik. Doch irgendwann werde er eine Stelle finden und Geld verdienen, glaubt er: «Du kannst es schaffen, wenn du willst.»