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Russischer Oppositioneller Jaschin verurteilt
Aus Echo der Zeit vom 09.12.2022. Bild: Imago/ Ilya Pitalev
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Urteil in Moskau Kremlkritiker Ilja Jaschin zu langer Haftstrafe verurteilt

  • Der Kremlkritiker Ilja Jaschin ist in Moskau wegen angeblicher Verunglimpfung der russischen Streitkräfte zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt worden.
  • Der Staatsanwalt hatte neun Jahre Haft für den Oppositionspolitiker gefordert.
  • In einem Stream hatte Jaschin das von russischen Soldaten angerichtete Massaker in dem Kiewer Vorort Butscha öffentlich angeprangert.

Die Schuld des Angeklagten sei vollständig bewiesen, teilte das Moskauer Bezirksgericht laut dem Internetportal Mediazona mit. Den Einwand der Verteidigung, dass es sich um persönliche Einschätzungen Jaschins gehandelt habe, wies die Richterin zurück.

An Jaschin wurde ein Exempel statuiert

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Das harte Urteil gegen Ilja Jaschin komme nicht wirklich überraschend, sagt David Nauer, Russland-Experte bei SRF. «Trotzdem stellt es eine Zäsur dar.» Denn bislang seien Oppositionellen in Russland meist Wirtschaftsverbrechen oder Ähnliches angehängt worden, um sie zu langjährigen Strafen zu verurteilen. «Jaschin wird für seine Gesinnung verurteilt – das ist eine ganz andere Qualität der Repression», betont Nauer. Jaschin sei so etwas wie ein Symbol gewesen für den Widerstand gegen den russischen Angriff auf die Ukraine. «Deswegen soll er nun im Straflager verschwinden.» Mit dem harten Urteil werde die Angst, welche die russische «Repressionsmaschine» schon jetzt produziere, im Volk noch einmal verstärkt.

Der 39-Jährige, der einer der letzten verbliebenen prominenten Oppositionellen in Russland ist, sprach von einer politischen Inszenierung des Verfahrens. «Mit diesem hysterischen Urteil will die Obrigkeit uns allen Angst machen, aber faktisch hat sie nur ihre Schwäche gezeigt», hiess es auf dem Telegram-Kanal des Politikers unmittelbar nach Verkündung.

Ein Vertrauter von Nawalny

Jaschin ist Kommunalpolitiker der «Bewegung Solidarnost» in Moskau und fordert den Abgang von Präsident Wladimir Putin. Er gilt als Vertrauter des im Straflager inhaftierten Kremlkritikers Alexej Nawalny.

Der 39-Jährige hat gegen den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine protestiert und Kriegsverbrechen der russischen Armee verurteilt.

 Ilja Jaschin steht hinter einer Glasscheibe, davor stehen zwei Polizisten.
Legende: Jaschin gilt als Vertrauter des im Straflager inhaftierten Kremlkritikers Alexej Nawalny. imago images/ SNA

Weil der gebürtige Moskauer in einem Stream im April das von russischen Soldaten angerichtete Massaker in dem Kiewer Vorort Butscha öffentlich angeprangert hatte, leiteten die Behörden im Sommer ein Verfahren wegen Diffamierung der russischen Streitkräfte ein.

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Archiv: Kreml-Gegner Jaschin in Russland verhaftet
aus Echo der Zeit vom 13.07.2022. Bild: Reuters
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Seither sitzt Jaschin in Untersuchungshaft. Er hatte seine Anhänger in seinem Kanal im Nachrichtendienst Telegram aufgefordert, zu dem öffentlichen Verfahren zu kommen.

Putin solle diesen Wahnsinn stoppen

Nach der Invasion in der Ukraine am 24. Februar wurde in Russland ein Gesetz erlassen, das die Verbreitung von «Falschinformationen» über das Militär unter Strafe stellt und dafür eine Haftstrafe bis zu 15 Jahre vorsieht.

In seinem Schlusswort vor Gericht diese Woche appellierte Jaschin mit Blick auf den Krieg in der Ukraine direkt an Putin, «diesen Wahnsinn zu stoppen». Der Präsident sei die Person, «die für dieses Abschlachten verantwortlich» sei.

Nawalny und Jaschin hoffen auf Putins Ende

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Legende: Jaschin und Nawalny (sowie dessen Frau) an einer Veranstaltung 2019. Reuters/Shamil Zhumatov

«Jaschin spekuliert wohl darauf, dass Putin nicht mehr lange an der Macht bleibt und er nicht die ganze Strafe absitzen muss», sagt SRF-Russlandkenner David Nauer. Darauf würden auch Alexei Navalny und andere Oppositionelle in den Gefängnissen hoffen: «Sie sind sozusagen sehenden Auges ins Gefängnis gegangen, um Putin zu schaden.» Sie sähen sich quasi als Stachel im Fleisch des Regimes. «Das hat etwas quasi-Religiöses: Die Leute sehen sich als Märtyrer, die Jahre ihres Lebens für ein höheres Ziel opfern.» Das sei für uns in der Schweiz nur schwer zu verstehen. «Doch in Russland gibt es sehr wohl Leute, die so denken», so Nauer.

SRF 4 News, 09.12.2022, 14:00 Uhr ; 

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