- Marie Yovanovitch wies in einer öffentlichen Anhörung im US-Repräsentantenhaus Vorwürfe zurück.
- Korrupte Ukrainer hätten gemeinsam mit willigen Amerikanern ihre vorzeitige Abberufung eingefädelt, so die einstige US-Botschafterin in der Ukraine.
- Während sich Yovanovitch im Repräsentantenhaus äusserte, attackierte der US-Präsident die Ex-Botschafterin auf Twitter.
Sie habe nie eine Liste verteilt mit Personen, gegen die nicht ermittelt werden dürfe, betont Marie Yovanovitch. Auch hätte sie nie gesagt, dass die Befehle des US-Präsidenten zu ignorieren seien. Stattdessen hätten «korrupte Ukrainer gewisse Amerikaner als willige Partner gefunden, um die Abberufung einer US-Botschafterin einzufädeln».
Opfer einer «Schmierkampagne»
Die frühere US-Botschafterin in der Ukraine sprach von einer «Schmierkampagne», geführt von Rudy Giuliani, dem persönlichen Anwalt vom US-Präsidenten Trump, und anderen. Am 24. April sei sie vom US-Aussenministerium per Telefon aufgefordert worden, mit dem nächsten Flugzeug nach Washington zurückzukehren. «Es wurde kein echter Grund genannt, warum ich gehen muss.»
Yovanovitch wurde auch auf das Gesprächsprotokoll des Telefonats zwischen Trump und Selenskyj am 25. Juli angesprochen, das im Zentrum der Ukraine-Affäre steht. Sie hätte als eine «grosse Bedrohung» empfunden, wie sie Trump darin denunzierte.
Während Yovanovitch im Repräsentantenhaus sprach, griff sie der US-Präsident auf Twitter an. Überall wo Yovanovitch hingegangen sei, sei es «schlecht geworden». Auf den Tweet angesprochen, sagte die Ex-US-Botschafterin in der Ukraine: «Es ist einschüchternd.»
Der Tweet veranlasste auch Adam Schiff, demokratisches Mitglied des Repräsentantenhauses, von «Einschüchterung von Zeugen in Echtzeit» zu sprechen. Dem hielt indessen die Sprecherin des Präsidenten Stephanie Grisham entgegen: «Der Tweet war keine Einschüchterung von Zeugen. Es war schlicht die Meinung des Präsidenten, zu der er berechtigt ist.»
Schiff hatte in der Anhörung die Arbeit von Yovanovitch gelobt. Sie habe in der Sowjetunion und in der Ukraine gegen Korruption gekämpft und sich damit auch Feinde geschaffen. Auf der persönlichen und politischen Agenda von Präsident Trump sei sie als Hindernis wahrgenommen worden. Die Frage sei nicht, ob sie der US-Präsident habe abberufen können, sondern warum er dies getan habe.
Demgegenüber betonte Devin Nunes, republikanischer Vertreter im Repräsentantenhaus, dass sich die Demokraten in den Untersuchungen zu einem möglichen Impeachment-Verfahren gegen Trump auf Hörensagen beriefen – auf eine Zeugin, die bloss aus zweiter Hand von Trumps Aktionen wüsste.
Machtmissbrauch oder «Hexenjagd»?
Bereits am Mittwoch hatten Abgeordnete im US-Kongress zwei Zeugen öffentlich befragt – den geschäftsführenden US-Botschafter in der Ukraine William Taylor sowie den Osteuropa-Zuständigen im US-Aussendepartement George Kent. Beide Diplomaten hatten signalisiert, Trump habe in der Ukraine-Affäre die US-Aussenpolitik für wahltaktische Zwecke genutzt.
Die US-Demokraten im Repräsentantenhaus führen Untersuchungen, die zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen Trump führen könnten. Sie werfen ihm vor, seine Macht missbraucht zu haben, damit sich die ukrainische Regierung zu seinen Gunsten in den US-Wahlkampf einmischt. Trump soll rund 400 Millionen US-Dollar an Militärhilfe an die Ukraine als Druckmittel eingesetzt haben. Trump spricht von einer «Hexenjagd».