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Olympische Spiele in Tokio «Die Athleten müssen mit harten Bedingungen rechnen»

Wie bei der derzeit in Doha stattfindenden Leichtathletik-WM befürchten viele Athletinnen und Athleten auch an den Olympischen Spielen vom nächsten Jahr in Tokio allzu heisse Wetterbedingungen. Ihr Verband «Global Athlete» verlangt vom Olympischen Komitee jetzt Massnahmen.

Das allerdings sei schwierig, sagt SRF-Japan-Mitarbeiter Martin Fritz. Zwar hat Tokio für die Zuschauer eigens Sonnenschirm-Hüte in Auftrag gegeben. Doch das Sommerwetter lasse sich für die Athletinnen und Athleten nicht so leicht ändern.

Martin Fritz

Freier Journalist

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Der Journalist Martin Fritz arbeitete als Radio-Korrespondent für die ARD in Tokio. Als freier Journalist berichtet er nun neben Japan auch über Nord- und Südkorea. Vorher war er fünf Jahre lang Südasien-Korrespondent in Neu-Delhi.

SRF News: Droht den Sportlerinnen und Sportlern nächsten Sommer in Japan Ähnliches wie dieses Jahr an der Leichtathletik-WM in Doha?

Martin Fritz: Tatsächlich muss Ende Juli/Anfang August in Tokio mit ähnlichen Temperaturen gerechnet werden, wie sie jetzt in Doha herrschen – mit bis zu 34 Grad. Dabei ist es deutlich feuchter und damit schwüler. Die Athleten erwarten also noch härtere Bedingungen.

Unmenschliche Bedingungen in Doha

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In Doha, wo derzeit die Leichtathletik-WM stattfindet, herrschen Tagestemperaturen von mehr als 40 Grad Celsius. Deshalb wurden die Starts der Langstreckendisziplinen wie Marathon oder Gehen in die Nachtstunden verschoben. So fand etwa der Frauen-Marathon in der Nacht von Samstag auf Sonntag statt. Trotzdem wird das Rennen als «Hitzeschlacht» in die Geschichte eingehen, wie diverse Medien schrieben. Zum Zeitpunkt des Starts um Mitternacht betrug die Temperatur fast 33 Grad, die relative Luftfeuchtigkeit mehr als 73 Prozent. Von den 68 Top-Athletinnen am Start erreichten nur deren 40 das Ziel. Als Folge des erschöpfenden Rennens verordnete der äthiopische Leichtathletik-Verband allen an den Marathon-Rennen Gestarteten eine dreimonatige Zwangspause.

Gibt es Bestrebungen, die Bedingungen in Tokio zu entschärfen?

Ja. Beispielsweise sind die Startzeiten für Disziplinen wie Marathon sehr früh am Morgen angesetzt. Zudem will man auf den Laufstrecken einen Asphalt auflegen, der weniger Hitze aufnimmt und abstrahlt. Auch sollen die Bäume so geschnitten werden, dass sie mehr Schatten auf die Strecke werfen sollen. Allerdings sind das alles bloss kosmetische Massnahmen, das Wetter ändert dadurch nicht.

Die klimatischen Bedingungen in Tokio sind bekannt – weshalb hat man die Olympischen Spiele trotzdem während der heissesten Zeit des Jahres angesetzt?

Die letzten Olympischen Sommerspiele in Japan fanden erst im Oktober statt. Seither sind jedoch mehr als 50 Jahre vergangen, der Sport ist professionalisiert und der Kalender der Athletinnen und Athleten lässt keinen anderen Termin zu.

Das IOC und die Organisatoren in Japan haben bei der Vergabe der Spiele vor dem Hitzeproblem einfach die Augen verschlossen.

Obschon das IOC und die Organisatoren in Japan vom heissen Sommer wussten, haben sie bei der Vergabe der Spiele vor sechs Jahren die Augen davor einfach verschlossen. Zumal als Mitkonkurrenten damals Istanbul und Madrid im Rennen waren – zwei Städte, in denen es im Sommer auch nicht gerade kühl ist.

Kann der offene Brief des Verbands «Global Athlete» ans IOC etwas bewirken?

Ich denke nicht. Das Problembewusstsein ist ja bereits vorhanden, das nationale olympische Komitee Japans und die Stadt Tokio unternehmen ja schon einiges. Trotzdem bleibt das Wetter für sportliche Höchstleistungen zu heiss und zu feucht. Und wegen der Übertragungszeiten am TV und den An- und Abreisezeiten der Zuschauer vor Ort kann man die Wettkämpfe nicht alle in der Nacht austragen, wenn es nicht ganz so heiss ist.

Alles zur Leichtathletik-WM in Doha

Den Sportlerinnen und Sportlern bleibt also nichts anderes übrig, als sich mit der zu erwartenden Hitze abzufinden?

Es wird wohl zu ähnlichen Vorkommnissen kommen wie jetzt in Doha. Viele Sportler werden mit dem schwülheissen Wetter nicht klarkommen. Allerdings werden wir auch lustige Bilder zu sehen bekommen, nämlich, wie sich die Zuschauer vor der Hitze schützen werden. Dazu hat die Stadt Tokio bereits eine Lösung präsentiert: Einen Sonnenschirm-Hut, den sich jeder auf den Kopf setzen kann. Das schaut schon ziemlich komisch aus. Doch für die Sportlerinnen und Sportler kommt ein solcher Hut natürlich nicht infrage.

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

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