Am Karfreitagabend hat Papst Franziskus den traditionellen Kreuzweg am Kolosseum in Rom geleitet. An der abendlichen Zeremonie mit dem Pontifex vor Roms Wahrzeichen beteiligten sich zehntausende Gläubige, Pilger und Touristen.
Der Papst prangerte während der Zeremonie jede Form von Extremismus, blutige Terrorakte und die Gleichgültigkeit gegenüber dem Leiden von Flüchtlingen an. Er verurteilte auch Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche scharf. Priester, die sich an Kindern vergingen, raubten «Unschuldigen ihre Würde», sagte das Kirchenoberhaupt vor zehntausenden Gläubigen zum Abschluss des Kreuzweges im Kolosseum.
«Die den Namen Gottes schänden»
«O Kreuz Christi, wir sehen dich auch heute noch in den Fundamentalismen und im Terrorismus von Anhängern mancher Religionen, die den Namen Gottes schänden und ihn dazu benutzen, ihre unerhörte Gewalt zu rechtfertigen», sagte Franziskus am Ende der 14 Stationen des Kreuzweges, die mit Hunderten Kerzen beleuchtet waren.
Wie bereits am Gründonnerstag bei der Fusswaschung, die der 79-Jährige in diesem Jahr bei Flüchtlingen vorgenommen hatte, verurteilte er erneut die Waffenhändler, «die den Glutofen der Kriege mit dem unschuldigen Blut der Brüder und Schwestern beschicken».
Ob Muslime, Hindus, Katholiken oder Kopten: Wir sind alle Brüder, wir sind alle Kinder desselben Gottes
Gleichzeitig mahnte Franziskus am Karfreitag an, dem derzeitigen Flüchtlingsdrama nicht gleichgültig und gefühlskalt gegenüberzustehen. Das Mittelmeer und die Ägäis seien «zu einem unersättlichen Friedhof geworden, ein Bild unseres abgestumpften und betäubten Gewissens», sagte der Argentinier. Die Gläubigen applaudierten dem Papst und riefen: «Viva il papa!» - Es lebe der Papst.
Am Gründonnerstag hatte der Papst bei der Fusswaschung der Flüchtlinge erklärt: «Ob Muslime, Hindus, Katholiken oder Kopten: Wir sind alle Brüder, wir sind alle Kinder desselben Gottes». Auch dabei erinnerte er an die Terroranschläge von Brüssel.
Anti-Terror-Einheiten im Einsatz
Schärfste Sicherheitsvorkehrungen waren im Hinblick auf den Kreuzweg in Rom ergriffen worden. Anti-Terror-Einheiten und Spezialkräfte der Polizei überwachten die Veranstaltung. Das Gelände rund um das Kolosseum, an dem die «Via Crucis» traditionell stattfindet, wurde weiträumig abgesperrt und mit Metalldetektoren ausgestattet.
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Der Papst betete vor dem antiken Amphitheater im Schein von unzähligen Kerzen und Fackeln. Er folgte der Zeremonie von einem Pavillon auf einer erhöhten Terrasse gegenüber dem erleuchteten Kolosseum. Von dort aus verfolgte er den Kreuzweg. Kardinalvikar Agostino Vallini, Stellvertreter des Papstes in der Diözese Rom, trug zu Beginn der Zeremonie das schlichte, schwarze Holzkreuz.
Königlicher Besuch aus Belgien
Die Texte für die 14 Kreuzweg-Meditationen stammten aus der Feder des italienischen Kardinals Gualtiero Bassetti, Erzbischof von Perugia. Christen aus fast allen Kontinenten trugen bei der Feier das symbolische Holzkreuz. Ausserdem wurden dazu Vertreter einer italienischen Pilger-Hilfsorganisation, einer Bildungseinrichtung für arbeitslose Jugendliche und Franziskaner aus dem Heiligen Land ausgewählt.
An dem Kreuzweg beteiligten sich auch Belgiens Ex-König Albert II. und seine Frau Paola. Die beiden begrüssten den Papst, den sie bereits zur Eröffnung des Heiligen Jahres am 8. Dezember getroffen hatten. Sie reisten drei Tage nach den Anschlägen in Brüssel in die Ewige Stadt.
Gottesdienst im Petersdom
Vor Beginn des Kreuzwegs hatte der Papst mit einem Gottesdienst im Petersdom des Leidens und Sterbens Jesu gedacht.
Weitere Höhepunkte der Kar- und Ostertage im Vatikan sind am Sonntagvormittag die Ostermesse des Papstes auf dem Petersplatz (10.30 Uhr) und um die Mittagszeit der feierliche Segen «Urbi et orbi».
Starkes Polizeiaufgebot auch in Jerusalem
Tausende Christen hatten am Freitag in Jerusalem in einer traditionellen Prozession an die biblischen Ereignisse zum Karfreitag erinnert. Gruppen aus aller Welt trugen Holzkreuze über die Via Dolorosa, die vor 2000 Jahren der Leidensweg Jesu Christi gewesen sein soll.
Die Prozession durch die Altstadt zur Grabeskirche wurde von einem starken Aufgebot von teils schwer bewaffneten Sicherheitskräften begleitet. Etwa 54 Prozent der Touristen um die Ostertage sind Christen, wie das israelische Tourismusministerium mitteilte.