Früher kämpfte er gegen die Schliessung des Spitals Grenchen, war aktiv im Verein Pro Spital Grenchen und versuchte, die Schliessung des Spitals im November 2011 zu verhindern. Damals musste er sich anhören, warum dieser Weg unausweichlich sei. Heute ist es Marcel Tièche, der die Argumente seiner damaligen Gegner benutzt. Der Grencher hat seine Meinung geändert und erklärt heute seinen Patienten das, war er sich früher anhören musste.
Frust ist immer noch da
«Mit dem Auto ist man in 15 Minuten im Bürgerspital Solothurn. Und auf der ganzen Welt gibt es wohl wenige Orte, wo das möglich ist», sagt Tièche im Gespräch mit dem Regionaljournal.
In vielen Köpfen herrsche aber immer noch die Meinung, dass «die Solothurner den Grenchnern etwas weggenommen haben» und man als Grenchner nun ins Bürgerspital müsse. «Das Angebot dort ist aber gut, und die Zusammenarbeit mit uns auch», so Tièche.
Klar habe er damals gegen die Schliessung gekämpft. Er, der in diesem Spital einen grossen Teil seiner Ausbildung gemacht hat. Der Kämpfer von damals sieht die Situation heute weniger emotional. «Ich glaube nicht, dass man heute noch ernsthaft für ein so kleines Spital kämpfen darf, weil sich die Medizin auch verändert hat.»
«Es tut noch weh»
Fragt man bei Grenchner Politikern nach, so scheint das Thema zwar gegessen, aber nicht verdaut: «Uns geht es gut ohne Spital, aber weh tut es immer noch», sagt auf Anfrage Stadtpräsident François Scheidegger (FDP). Er erklärt, dass man wegen der Spitalschliessung den Rettungsdienst ausbauen musste.
Das erwähnt auch sein Stellvertreter Urs Wirth (SP), welcher als deutlicher Gegner an einem Aktionstag aufgetreten war: In der Solothurner Zeitung sagte er einmal, er würde für das Spital in die «Kiste» gehen, also ins Gefängnis. Heute schmunzelt er über diese Aussage und relativiert sie. Nein, man habe sich gut arrangiert mit der Situation.
Grosses Glück
Und in einem sind sich die beiden wie auch der ehemalige Stadtpräsident Boris Banga einig. Das, was nach dem Spital Grenchen kam, war das Beste, was der Stadt passieren konnte. «Wir hatten grosses Glück, dass wir einen grossen Investor gefunden haben in der Person von Willi Gyger. Er hat das heutige Gesundheits- und Pflegezentrum Sunnepark aufgebaut», so Scheidegger.
Die Solothurner Spitäler AG ist heute in genau diesem Gesundheitszentrum eingemietet und nutzt die dortige Infrastruktur. Eine stationäre Abteilung gibt es dort nicht mehr, allerdings ambulante Behandlungen sowie weitere Angebote:
- Diabetesberatung
- Ernährungsberatung
- Frauenklinik
- Orthopädie
- Radiologie und weitere Angebote
- Ambulante Psychiatrische Dienste
Zum Gesundheitszentrum gehört auch ein Pflegezentrum mit Wohnungen: Dazu wurde der ehemalige Bettentrakt des Spitals umgebaut. Ausserdem gibt es ein Bildungszentrum für Pflegeberufe. Auf dem rund 30’000 Quadratmeter grossen Areal befinden sich auch zusätzliche Arztpraxen sowie das regionale Blutspendezentrum. Geplant sind ausserdem über 100 weitere Alterswohnungen mit angegliederter privater Spitex.
Im Rückblick ist das auch für Kurt Altermatt eine gute Lösung. Er ist der ehemalige Direktionspräsident der Solothurner Spitäler AG (SoH), welche das Grenchner Spital betrieb. Gerne hätte man schon früh selber einen Investor wie Willi Gyger präsentieren wollen, «das hätte die Lage und die Gemüter sicher etwas früher beruhigt», sagt Altermatt. Aber so jemanden habe es in der damaligen Situation nicht gegeben.
Geteilte Meinungen
Die erhitzen Gemüter in der Politik sind verstummt. Aber wie kommen die gut 17'000 Grenchnerinnen und Grenchner ohne Spital aus? Auf der Strasse sind die Meinungen geteilt, wie eine nicht repräsentative Umfrage zeigt. Der Frust ist immer noch spürbar, andererseits aber auch das Verständnis für die heutige Situation.
Audiogalerie Spital
(Regionaljournal Aargau Solothurn, 6:32 Uhr, alab;meyb)